Hamburg. Belegungsquote ist aber stark gestiegen. Nordverbund soll bei Engpässen helfen. UKE fordert Freihaltepauschale.

Die Zahl der Corona-Infizierten wächst – und mit ihr wächst auch das Interesse an der Lage in den Kliniken. Wie viele Intensivbetten sind noch frei? Wann droht die Überlastung? Es ist gar nicht so einfach, darauf eine klare Antwort zu finden. Jede Suche muss, so viel ist klar, beim Divi-Intensivregister beginnen („Divi“ steht für die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin).

In diesem Register wird tagesaktuell, teilweise sogar stundenaktuell die Zahl der Betten für jedes Bundesland notiert. Demnach sind (Stand: Donnerstag, 12 Uhr) in Hamburg von insgesamt 758 Intensivbetten exakt 164 Betten frei (21,6 Prozent). Die Zahl schrumpft allerdings: Zwei Wochen zuvor waren noch 29,4 Prozent der Betten frei. In Schleswig-Holstein sind 274 von insgesamt 880 Betten verfügbar (31,1 Prozent; zwei Wochen zuvor 40,4). Hinzu kommen in beiden Ländern Notfallreserven.

Benachbarte Länder bilden Verbund, um Überlastungen zu verhindern

Zudem sollen Überlastungen dadurch verhindert werden, dass benachbarte Länder einen Verbund bilden und Corona-Patienten dorthin bringen, wo Betten frei sind. Zum Nordverbund gehören neben Schleswig-Holstein und Hamburg Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In diesen fünf Ländern sind derzeit insgesamt 1467 Intensivbetten frei. „Die Zusammenarbeit kommt nur bei sehr schweren Versorgungsengpässen zum Tragen“, sagt Martin Helfrich, Sprecher der Hamburger Sozialbehörde. Die Koordination erfolge dann über eine in Hannover ansässige Zentralstelle.

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Das Intensivregister ist eine Folge der ersten Corona-Welle im Frühjahr. Damals wurde ein Instrument gebraucht, mit dem sich Intensivmediziner schnell darüber informieren können, wo es in der engeren oder weiteren Nachbarschaft noch freie Intensivbetten gibt. Zuvor wurde dies, sollte auf der eigenen Station eine Überbelegung drohen, tatsächlich abtelefoniert. Eine mühselige, in Zeiten des Internets veraltet wirkende Methode.

Das Register zeigt nun an, wie viele freie Betten es in welchem Krankenhaus gibt. Besser gesagt: Das Register sollte es anzeigen. Denn bei der Divi ist man sich mittlerweile nicht mehr ganz so sicher, wie realistisch die Zahlen sind. Zwar werden sie täglich erhoben, aber eine Kontrolle findet nicht statt. Das heißt: Wenn eine Klinik eine zu hohe oder zu niedrige Zahl an Intensivbetten meldet, fällt das erst einmal nicht auf.

Zahl der von den Krankenhäusern gemeldeten Betten fiel hin und wieder zu hoch aus

Eine zuverlässige Beantwortung der Frage, wie stark die Intensivstationen ausgelastet sind, hängt allerdings von gesicherten Zahlen ab. Die wichtigste Zahl: Wie viele betreibbare Intensivbetten, egal ob frei oder belegt, gibt es in Deutschland? „Betreibbar“ bedeutet hier: Die Betten sind da, die Pfleger und die Ärzte sind da, die Räume sind da, die technischen Geräte ebenso.

Coronakrise: Wo noch Intensivbetten frei sind

Doch diese Grundlage aller Belastungsberechnungen hat in den vergangenen Monaten einen seltsamen Wandel erfahren. „Im Sommer gab es deutschlandweit noch rund 32.000 betreibbare Betten, jetzt sind es nur noch 28.800“, sagt Divi-Sprecherin Nina Meckel. Ist dieser Wert nun belastbar? Die Antwort ist ausweichend. „Wir gehen jedenfalls davon aus, dass die Grauzone kleiner geworden ist“, sagt Meckel.

Zu dieser Schrumpfung bei den Geisterbetten hat die Divi wohl auch selbst beigetragen. Bei Stichproben in den vergangenen Wochen wurde festgestellt, dass die Zahl der von den Krankenhäusern gemeldeten Betten hin und wieder zu hoch ausgefallen war. Nach diesen Stichproben sei die Bettenzahl noch einmal um etwa 1000 gesunken, sagt Meckel.

Geschäftsführer könnten ein paar Betten mehr gemeldet haben, um Freihaltepauschale zu kassieren

Sie appelliert nun an die Kliniken, den Meldeweg einzuhalten. Vorgeschrieben ist nämlich, dass die Zahlen nicht etwa von den Krankenhausgeschäftsführern übermittelt werden, sondern von den diensthabenden Oberärzten der Intensivstationen. Der Verdacht der Divi: Geschäftsführer könnten ein paar Betten mehr gemeldet haben, um dafür dann eine Freihaltepauschale zu kassieren.

Diese Pauschale gibt es mittlerweile nicht mehr. Sie ist Ende September ausgelaufen. Seit März haben Krankenhäuser für frei gehaltene Betten, nicht nur für Intensivbetten, rund acht Milliarden Euro vom Staat bekommen. Zunächst wurden pauschal 560 Euro pro Tag und Bett gezahlt, im Juli wurde auf eine Zahlung nach Bettenkategorie umgestellt. Für Intensivbetten gab es am meisten Geld: 760 Euro.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft plädiert mittlerweile dafür, die Pauschalen wieder einzuführen. Auch im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hält man das für richtig. „Das UKE und alle anderen Uniklinika in Deutschland tragen einen großen Anteil in der Versorgung von Covid-19-Patienten, brauchen dafür aber den Ausgleich der durch die Pandemiebekämpfung entstandenen Kosten und Erlösausfälle“, sagt UKE-Vorstandschef Burkhard Göke. „Hierfür sind abgestufte, am besten universitätsklinikspezifische Freihaltepauschalen unerlässlich.“

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