Kiel. Paukenschlag an der Förde: Hans-Joachim Grote (CDU), bis 2017 OB von Norderstedt, legt seinen Posten nieder. Die Hintergründe.

Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) ist zurückgetreten. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) habe seinem Wunsch entsprochen, teilte Grote am Dienstag unter Hinweis auf ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen einen Beamten der Landespolizei und einen Schriftwechsel zwischen ihm und einem Journalisten mit.

Hintergrund ist offenkundig im weiten Sinne der Untersuchungsausschuss des Landtags zur sogenannten Rockeraffäre bei der Polizei. Neue Innenministerin wird die bisherige Chefin des Justizressorts, Sabine Sütterlin-Waack (CDU/62). Das teilte Günther am Nachmittag mit.

Grote war lange Jahre Oberbürgermeister von Norderstedt

Der 64-jährige Grote ist seit Bildung der Jamaika-Regierung aus CDU, Grünen und FDP im Jahr 2017 Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration gewesen. Zuvor war der gebürtige Paderborner von 2005 bis 2017 Oberbürgermeister der Stadt Norderstedt.

Im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sei der erwähnte Schriftwechsel in den vergangenen Tagen auch Günther übermittelt worden, heißt es in einer Erklärung Grotes. „Dazu gab es eine Aussprache mit dem Ministerpräsidenten.“

Auch für Sütterlin-Waack ist der Nachfolger bekannt

Um einen möglichen politischen Schaden abzuwenden, und nicht zuletzt nach einem gesundheitlichen Rückschlag vor längerer Zeit, von dem er sich nicht vollständig habe erholen können, habe er dem Ministerpräsidenten angeboten, sein Amt mit Ablauf des heutigen Tages niederzulegen. Günther nahm am Nachmittag kurzfristig vor Journalisten Stellung.

Nachfolger Sütterlin-Waacks im Justizministerium soll der CDU-Landtagsabgeordnete Claus Christian Claussen (59) werden. Er leitet bisher den Untersuchungsausschuss zur Klärung der „Rocker-Affäre“ bei der Landespolizei. Sütterlin-Waack habe in den vergangenen drei Jahren als Justizministerin eine hervorragende Arbeit geleistet, sagte Günther.

Ermittlungsverfahren richtet sich nicht gegen Grote

Die Zusammenarbeit in der Regierung erfordere Vertrauen und Offenheit, sagte Günther. „Erkenntnisse aus einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Kiel gegen einen Polizeibeamten schließen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Innenminister aus.“ Das Ermittlungsverfahren richte sich nicht gegen den Innenminister, betonte Günther. Das Verfahren laufe weiterhin, hieß es aus der Kieler Staatsanwaltschaft.

Der Ministerpräsident ging auf die Hintergründe nicht näher konkret ein. Die ersten Hinweise habe er über einen Bericht der Staatsanwaltschaft am 11. März bekommen, erklärte er. Das daraufhin in Aussicht genommene Gespräch mit dem Innenminister habe aufgrund der Entwicklungen in der Corona-Krise am 14. April stattgefunden.

Ministerpräsident Günther dankte Grote

Nach den Erklärungen des Innenministers habe ihm ein weiterer seit dem 21. April vorliegender Bericht neue Erkenntnisse gebracht, „die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Innenminister ausschließen“, erläuterte Günther.

Er dankte Grote für dessen Arbeit speziell an der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs sowie an der „Neuaufstellung und Verbesserung der Polizeiausstattung“. Dies seien zentrale Vorhaben dieser Legislaturperiode. „Die Grundlagen dafür sind gelegt worden, aber auch hier liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.“ Grote habe als ausgewiesener und über Jahrzehnte erfolgreicher Kommunalpolitiker als Innenminister an der Schaffung dieser Grundlagen entscheidend mitgewirkt.

„Als langjähriger Oberbürgermeister der Stadt Norderstedt waren mir die Belange der Kommunen in Schleswig-Holstein stets ein besonderes politisches Anliegen“, erklärte Grote. „Mit dem neuen Landesentwicklungsplan und dem in der vergangenen Woche vom Kabinett beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs sind dazu wichtige Weichenstellungen für eine positive Weiterentwicklung gelungen.“

Die Umstrukturierung der Landespolizei sei von Anfang an eines seiner zentralen Anliegen gewesen. „In diesem Zusammenhang wurde auch das neue Polizeigesetz auf den Weg gebracht.“ Grote hatte vor dem Hintergrund von Kritik an der Führungskultur innerhalb der Landespolizei auch mehrere leitende Beamte von ihren Posten abgelöst.

Bedauern über Grotes Rücktritt aus der Wohnungswirtschaft

Andreas Breitner, von 2012 bis 2014 Innenminister in Schleswig-Holstein im Kabinett Albig, heute Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), und Sönke Struck, Vorstandsvorsitzender des BFW-Landesverbands Nord, bedauern den Rücktritt von Hans-Joachim Grote: „Als Bauminister und Vorsitzender der Bauministerkonferenz war er für die norddeutsche Wohnungswirtschaft ein kompetenter Ansprechpartner, der aufgrund seiner langjährigen Verwaltungserfahrung sich sehr gut in die Probleme vor Ort hineinversetzen konnte. Hans-Joachim Grote wusste, wovon er sprach. Die Wohnungswirtschaft hatte ihn ihm einen verlässlichen Partner. Er hatte ein offenes Ohr und stand zu seinem Wort.“