Hamburg. Die Hamburgerin kämpft um einen Startplatz in der amerikanischen Golf-Profitour. An diesem Donnerstag hebt sie ab.

An diesem Donnerstag hebt sie mal wieder ab. Das ist Esther Henseleit in ihrer sensationellen ersten Saison als Golfprofi zwar schon öfter gelungen, diesmal aber kann und soll der Flug nicht nur zu einem Turnier in die USA führen. Sondern in eine neue Zukunft, in die nächste Dimension, in die allererste Liga. Die 20 Jahre alte Hamburgerin will den Sprung auf die amerikanische Profitour schaffen, die LPGA.

Das ist das Golf-Schlaraffenland, das ultimative Ziel. Nur dort spielt die Weltklasse, nur dort gibt es die dicken Preisgelder. „Die US-Tour war immer mein Ziel“, sagt Henseleit vor ihrem Abflug im Abendblatt-Gespräch. „Ich fühle mich bereit, sonst müsste ich gar nicht dahin.“

Caroline Masson gelang 2012 die Qualifikation

Im Plantation Golf and Country Club an Floridas Westküste spielen ab Montag 188 Damen aus aller Welt in vier Runden auf zwei Kursen darum, das finale Qualifikationsturnier ab 21. Oktober im Pinehurst Resort (North Carolina) zu erreichen. Ein Platz unter den besten 50 sollte dafür reichen. Dort kämpfen schließlich 108 Proetten in weiteren vier Runden um 45 Startplätze für die LPGA-Tour. Auch die Gladbeckerin Caroline Masson (30) ist 2012 auf diesem Weg in die US-Tour vorgestoßen und hat sich dort etabliert.

Masson ist auf Platz 48 in der Weltrangliste vor Henseleit (145) die beste Deutsche und hat seitdem über drei Millionen Dollar verdient. Es gibt einige Parallelen zwischen beiden Spielerinnen. Auch Masson gehörte schon als Jugendliche zur europäischen Elite und qualifizierte sich jung für die europäische Profitour LET. Bisher verlief auch die Karriere der Topspielerin vom Hamburger Golf-Club Falkenstein wie am Schnürchen. Eine geradezu unglaubliche Einbahnstraße nach oben war das, seit sie sich im Dezember 2018 in Marokko die volle Spielberechtigung für die LET erspielt hatte. „Doch, ich bin schon selbst überrascht, wie gut es lief“, räumt Henseleit ein.

Acht Top-Ten-Platzierungen bei 15 Turnieren hat sie erreicht, wurde viermal Zweite. Die Auszeichnung als „Rookie des Jahres“ ist ihr nicht mehr zu nehmen, in der Gesamtwertung der Tour belegt die Hamburgerin derzeit Platz zwei, der LET-Gesamtsieg ist aber auch noch drin und ein Ziel. Die Spielberechtigung für das kommende Jahr hat sie auch schon sicher und ein Preisgeld von 162.00 Euro erspielt. Alles supergut – aber es geht eben noch besser.

„Das Ziel für einen Profigolfer muss die LPGA sein“, sagte Henseleit schon vor ihrem Start ins golferische Berufsleben. Die LET war immer nur als Zwischenstation ins gelobte Golf-Land gedacht. Noch mehr als bei den Männern die European Tour steht die europäische Tour bei den Frauen im Schatten der Amerikaner. Es gibt weniger Sponsoren, weniger Preisgeld, weniger Öffentlichkeit.

Frauengolf kaum präsent im Fernsehen

Während bei den Männern immerhin zwei Turniere in Deutschland ausgetragen werden, unter anderem die Porsche European Open in Winsen, fehlt das bei den Damen völlig. Auch TV-Bilder von Henseleits Erfolgen waren in Deutschland nicht zu sehen. Und schließlich zählen die Ergebnisse auf der LPGA mehr für die Weltrangliste und damit die Chancen, sich für den Solheim Cup oder die Olympischen Spiele zu qualifizieren.


„Ich kenne die Plätze in Florida noch nicht“, sagt Henseleit. Auf beiden Kursen hat sie eine Runde zum Einspielen und Kennenlernen. Unterstützt wird sie von Caddie Alex Lautenschläger, der wie sie im Golfclub am Meer in Bad Zwischenahn die golferische Grundausbildung genossen hat.

Seit dem Frühsommer hat ihr Lautenschläger, der für die Universität Wilmington Collegegolf spielte und in den USA lebt, schon einige Male die Tasche getragen. „Ein guter, erfahrener Caddie kann ihr sicher helfen“, sagt Trainer Christian Lanfermann.

Esther kann Gas geben

Der Hamburger bereitete seine Top-Schülerin in den vergangenen Tagen in Falkenstein noch einmal auf die große Aufgabe vor. Henseleit verzichtete deshalb auch auf einen Turnierstart vergangene Woche in Indien. „Vom Kopf her ist Esther sehr gut drauf, sie kann Gas geben“, meint Lanfermann, „ihre Abschläge sind sehr gut, sie geht gerne volles Risiko ein, und das wird oft belohnt.“

Lanfermann begleitete Henseleit vor drei Wochen bei einem Turnier in Frankreich als Caddie. „Das hat viel Spaß gemacht hat mir für die Trainingssteuerung durch die Nähe auf dem Platz einiges gebracht“, sagt er. Was muss bei ihr noch besser werden? „Beim kurzen Spiel auf und um die Grüns gibt es noch Luft zur Entwicklung“, sagt der Coach, „und natürlich hilft noch mehr Erfahrung.“

Immerhin war sie bereits in einer Play-Off-Situation um eine Tourkarte, als sie vor gut einem Jahr als Amateur darangegangen ist, sich für die LET zu qualifizieren. Damals musste sie sogar unter die ersten Fünf kommen, um den Sprung zu schaffen – und wurde Dritte. Diese Druck-Erfahrung hat Esther Henseleit also schon bestanden. Und doch: „Das kann man nicht vergleichen, das Niveau in den USA ist schon anders“, sagt sie, „aber ich denke, ich habe eine realistische Chance.“