Hamburg. Seine Sendung “Schalthoff Live“ will er ab August zunächst weiter moderieren. Morgen fliegt er erstmal mit seiner Frau in die Toskana.

Ein bisschen flau ist ihm schon, das merkt man dem Facebook-Kommentar an. „Der morgige Tag wird für mich schon ein besonderer werden“, schreibt Herbert Schalthoff, Politikchef und Rekordmoderator des lokalen TV-Senders Hamburg 1 am späten Montag in das soziale Netzwerk. „Und die Gefühlslage ist durchaus gemischt.“

Auslöser sind nicht die besonderen Ergebnisse der Hamburger Wahlen, auch nicht die Sendung, die er dazu am Dienstagabend moderiert. Der Mann mit dem mittlerweile grauen Bürstenschnitt hat seit 1995 rund 1200 Sendungen des nach ihm benannten Formats „Schalthoff Live“ organisiert und geleitet, längst ist er Deutschlands dienstältester Polittalker – live auf dem Bildschirm zu sein, macht ihn schon lange nicht mehr nervös. Nein, ausnahmsweise geht es einmal um ihn selbst, und nach längerem Rätselraten seiner großen Fangemeinde im Netz erklärt er sich am Dienstagvormittag dann doch.

Friederike Trumpa koordiniert künftig die Politikberichterstattung

„Ja, heute ist für mich bei Hamburg 1 der offiziell letzte Arbeitstag“, schreibt Schalthoff, der wie kaum ein anderer Journalist in der Hamburger Politik, Medienwelt und auch bei Facebook vernetzt ist. „Und das ist schon ein etwas seltsames Gefühl. Schließlich bin ich seit 1995 dabei und es waren spannende politische Jahre dabei.“

Der Grund für den Ausstieg ist simpel: Der im Dezember 1953 im münsterländischen Rhede geborene Vater zweier erwachsener Töchter, der viele Jahre mit seiner Frau in Blankenese lebte und vor zwei Jahren nach Alt-Osdorf umgezogen ist, hat das Rentenalter erreicht – auch wenn man es ihm auch ohne Fernsehschminke nicht ansieht. Bevor aber seine Facebook-Freunde und die Hamburger Politik in Schockstarre verfallen, bietet Schalthoff einen Trost.

„Ich werde ‚Schalthoff Live‘ ab August als freier Mitarbeiter weiter moderieren“, sagt der 65-Jährige dem Abendblatt. „Dann vielleicht in etwas abgespeckter Form, also nicht mehr zwingend jede Woche.“ Sein Büro im Sender an der Rothenbaumchaussee aber werde er nun räumen, die aktuelle Politikberichterstattung des kleinen Senders wird künftig von der 29 Jahre alten Friederike Trumpa koordiniert.

In seinen Sendungen bleibt Schalthoff stets fair

Dass Herbert Schalthoff und seine Sendungen zu einer echten Institution in der Stadt geworden sind, hat mehrere Gründe. Zum einen war Schalthoff, als er 1995 den TV-Sender Hamburg1 mit aufbaute, schon gut in Hamburgs Politik vernetzt. Denn für ein paar Jahre hatte er als Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Rathaus gearbeitet. Zum anderen bekam der Münsterländer, der zuvor bei Okay Radio moderiert hatte, bei dem neuen TV-Sender von Beginn an freie Hand – und konnte viel gezielter und flexibler auf politische Ereignisse in Hamburg reagieren als etwa ein Riesensender wie der NDR.

Es gibt bis heute kein anderes TV-Format, bei dem sich wöchentlich Hamburger Politiker intensiv über aktuelle Themen austauschen, und kein anderer Sender ist so schnell im Rathaus präsent und hat die wichtigen Politiker vor der Kamera, wenn es dort brandaktuelle Nachrichten gibt. Nächtelang hat Schalthoff schon bei großen Ereignissen aus der Rathausdiele moderiert, etwa als die Stadt auf das Ergebnis des Olympia-Referendums wartete.

Dass auch Bürgermeister, Senatoren und andere Politpromis jederzeit zu ihm in die Sendung kommen, hat vermutlich weniger mit den Einschaltquoten zu tun, die Hamburg 1 angeblich gar nicht erhebt, sondern mehr mit Schalthoff selbst. Denn in seinen Sendungen bleibt der Mann, der nach eigener Aussage auch nach Jahrzehnten im protestantischen Hamburg wieder verstärkt dem westfälischen Katholizismus seiner Jugend zuneigt, stets fair – ohne dabei weichgespült zu wirken oder auf die bisweilen nötigen harten Nachfragen zu verzichten.

Seine erste Sendung moderierte er 1995

Zugleich erklärt er auch komplizierte Zusammenhänge so, dass jeder sie verstehen kann. In Hamburger Politik und Medien gibt es kaum jemanden, der Herbert Schalthoff nicht mag. Viele freundliche Porträts sind mittlerweile über ihn erschienen, die „Zeit“ überschrieb das ihre mit „Auf Nuschelkurs“ – mit Blick auf Schalthoffs schnelle Zunge, die bisweilen die eine oder andere Silbe nicht vollständig würdigt.

Dabei hat Schalthoff, der seine erste Sendung 1995 über den „Drogenpfuhl St. Georg“ moderierte, Politikern nicht nur Freude gemacht. Zuletzt ärgerte er die Verantwortlichen im Rathaus, als er im Sommer 2018 ein Video ins Netz stellte, das fast nackte Burlesque-Tänzerinnen beim Fest der Hamburger Landesvertretung in Berlin zeigte – und dazu fragte, ob so ein Auftritt denn angemessen sei für diese Zeit und so ein offizielles Hanseatenfest. Die Folge war eine große Debatte in der Stadt – und die Erklärung der Verantwortlichen, künftig genauer zu überlegen, wie man das Programm zusammenstelle.

Überhaupt hat Schalthoff es wie kaum ein anderer verstanden, die neuen Möglichkeiten der sozialen Netzwerke für sich zu nutzen, bei Facebook mit Zuschauern, Politikern und Kollegen zu diskutieren, im direkten Kontakt mit den Menschen Impulse zu setzen oder für sich aufzunehmen. Da könnte sich wohl mancher Jüngere in Parteien und Medien etwas bei ihm abschauen, darf man mit Blick auf CDU und SPD in diesen Tagen konstatieren.

Nach der Sendung am Dienstag ist erst einmal Pause

Dass Herbert Schalthoff sich nun zur Ruhe setzt und (auch im Netz) schweigt, ist natürlich auszuschließen – nicht nur, weil er ein durch und durch politischer Mensch ist und ja auch ab August weiter moderieren will. Man darf getrost davon ausgehen, dass er sich auch noch die eine oder andere zusätzliche Aufgabe suchen wird.

Nun aber, nach seiner vorerst letzten Sendung am Dienstagabend um 20.15 Uhr, macht er erst einmal Pause. Am Mittwochmorgen steigt Herbert Schalthoff mit seiner Frau Astrid, mit der er bald 40 Jahre verheiratet ist, in den Flieger gen Toskana. Dort wollen die beiden mit der Familie den 30. Geburtstag ihrer älteren Tochter feiern – und danach zwei Wochen Landschaft und Wärme genießen.

Ob Schalthoff es so lange ganz ohne politische Diskussionen aushält, wird man bei Facebook verfolgen können.