Hamburg. Regisseur Ruben Östlund sprach mit dem Abendblatt über seine Satire „The Square“. Sie läuft am Donnerstag in fünf Kinos an.

Nachdem er zu Beginn seiner Karriere Skifilme gedreht hatte, wurde Regisseur Ruben Östlund für sein Lawinen-Drama „Höhere Gewalt“ vor drei Jahren für einen Oscar nominiert. Nun hat der Schwede mit „The Square“ eine feine Satire auf die Eitelkeiten der Kunstszene inszeniert – und wurde dafür mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet. An diesem Donnerstag kommt der Film in unsere Kinos. Vorher war er schon beim Filmfest Hamburg zu sehen. Der Regisseur hatte aber noch andere Gründe, um in die Hansestadt zu kommen.

Hamburger Abendblatt: Ihr Drama „The Square“ war der Abschlussfilm beim Filmfest, aber Sie haben schon seit Längerem ein besonderes Verhältnis zu Hamburg, oder?

Ruben Östlund: Ja, meine Frau lebt über weite Teile des Jahres hier. Mir ­gefällt es in Hamburg sehr gut. Anfangs dachte ich, es sei hier ziemlich bourgeois, aber dann fing ich an, die Bourgeoisie zu genießen.

Sie kommen aus Göteborg. Was fällt Ihnen auf, wenn Sie beide Hafenstädte miteinander vergleichen?

Östlund: Göteborg ist ursprünglich eine Arbeiterstadt. In Hamburg gibt es hingegen sehr viel „altes Geld“.

In Hamburg gab es in jüngster Zeit viele Diskussionen darum, wie groß die Stadt noch werden soll, wie viele Großveranstaltungen sie verträgt. Können Sie das verstehen?

Östlund: Oh ja. Hamburg lebt ja davon, dass man in 20 Minuten fast überall hinkommen kann. Es gibt viele nette kleine Cafés, die für die Menschen geschaffen wurden, die hier leben. Die Stadt ist ja nicht für Touristen gebaut worden.

Können Sie nach Ihrem Film, der die Stockholmer Kunstszene auf den Arm nimmt, noch einen Fuß in eine Galerie setzen?

Östlund: Klar. Ich bin mit dem Film schon viel gereist. Mir ist dabei aufgefallen, dass sehr viele Kunstmuseen den Kontakt zur Welt verloren haben. Und die Besucher in diesen Museen haben den Kontakt zur Kunst verloren. Sie haben da vielleicht so ein Neonzeichen, einen Giacometti, ein paar Warhols und ein paar Objekte auf dem Fußboden. Aber diese Kunst stellt keine Fragen. Ich habe den Film bereits im Museum für Moderne Kunst in Stockholm und im Centre Pompidou in Paris gezeigt.

Hat Ihre Frau etwas mit der Filmbranche zu tun?

Östlund: Nein, sie ist Modefotografin. In dem Milieu wird auch mein nächster Film spielen. Er soll „Dreieck der Traurigkeit“ heißen. Das meint die kleine Fläche zwischen den Augenbrauen. Wenn du viel Ärger im Leben gehabt hast, bilden sich dort Falten. Aber deshalb muss man sich keine Sorgen machen. Man kann es mit Botox in 15 Minuten reparieren.

Was interessiert Sie so sehr an der Modewelt – abgesehen von Ihrer Frau?

Östlund: Schönheit als Währung. Man kann als schöner Mensch geboren werden, ohne Geld, Bildung oder Talent. Schönheit kann als Trittleiter für den gesellschaftlichen Aufstieg fungieren. Es gibt in dieser Ungerechtigkeit aber auch gerechte Aspekte, denn man braucht nur diese eine Voraussetzung: Schönheit. Weder Reichtum noch Bildung machen schön. In meinem Film wird es um ein männliches Model gehen, das vorher Automechaniker war und das „Gesicht“ einer großen Modemarke wird.

Sie haben mit „The Square“ in Cannes die Goldene Palme gewonnen. Was bedeutet das für den schwedischen Film?

Östlund: Ich hoffe, es gibt der Filmindustrie bei uns neue Energie. Bei einer Kinotour durch die Provinz habe ich meine Goldene Palme mitgenommen, und das Publikum war ganz wild darauf, Selfies mit dem Preis zu machen.

„The Square“ läuft ab 19.10. im Abaton, Holi, Koralle, Passage, Zeise.