In der Hansestadt gibt es kein Schietwetter, nur unangemessene Kleidung - auch für Tees und Taschen. Erkenntnisse von Uschka Pittroff.

Es franzoselt in Hamburg. Und ich liebe die Frenchies! Kultur, Genuss, Luxus, L`amour, mais oui – aber vor allem das französische savoire faire!

Dinge auf die französische Art zu tun: Kulturgut!!! Da fühlt man sich in der Zivilisation, die Seele wird umarmt, der Geist wird stimuliert mit Raffinement – danke Fronkreisch für dieses Geschenk an Hamburg!

Jüngster Auslöser für meine Begeisterung:

Der Trend zur Trockenhaube.

„In Hamburg gibt es kein Schietwetter, nur unangemessene Kleidung“ – den HH-Philosphie-Leitsatz Nummer eins kennt natürlich jedes Kind dieser Stadt. Und die Zuagroasten (wie ich) lernen ihn alsbald kennen, wenn sie sich hier ansiedeln. Umso erstaunlicher, dass noch kein Hanseatischer Geschäftsmann auf die Idee gekommen ist, seine Ware à la Parisien zu verpacken (War da nicht was mit dem „Tor zur Welt“?).

Beispiel 1: In Paris sind „Mariages Frères“ eine Institution. Eine der besten alteingesessenen Tea-Companies (gegr. 1854) der Welt und mit fünf „salons de thé“ hotspot für „ladies who lunch“ (Anm.: Das ist ein leider englischer feststehender Ausdruck – „les dames qui déjeunnent“ hat zwar auch eine schöne Alliteration – aber: versteht das jemand?). Es ist ein schönes Pariser Ritual, inmitten einer Kolonial-Kulisse Quiche oder Kuchen zum Tee zu nehmen. Luxus en passant.

Hamburg ist privilegiert: Denn es besitzt im Alsterhaus außerhalb von Paris die einzige „Mariage Frères“-Dépendance Europas (wenngleich leider ohne Teesalon – nehmen Sie statt dessen ein herrliches Glas Champagner gegenüber beim Moet &Chandon-Boulevard und verpassen Sie auf keinen Fall die tolle „40 Jahre Zeit-Magazin“-Ausstellung direkt rechts von „Marriage Frères“!). Bei meinem letzten Kauf (ein Kilo Weihnachtsee „esprit de noel“, diverse Tee-Duftkerzen, Geschenke – also eine große Tüte) dann die surprise: Der Herr an der Kasse blickte bedächtig auf die Papiertüte, dann erschüttert aus dem Fenster, sah, dass es stürmte und Bindfäden regnete, schnalzte diskret mit der Zunge, so wie nur Franzosen formvollendet schnalzen können – tzk,tzk,tzk – und verschwand mit meiner Tüte in den Untiefen zahlreicher Schubladen hinter der Verkaufstheke. Es raschelte, er zuppelte, es raschelte weiter: Et Voilà – meine Tüte bekam ein Cape. In der passenden Größe, mit Ausstanzung für die Henkel. Das sei normaler Service, kommentierte er. Ganz normal.

Beispiel 2. Jede Dame, die sich eine „Kelly“ oder eine „Birkin“ (ab ca. 4000 Euro) leistet, bekommt auch bei „Hermès“ das passende Plasikcape dazu, damit das feine Leder der Taschen bei Regen nicht beschädigt wird. Zugegeben: das Verhüterli sieht nicht besonders sexy aus – dafür hat man beim Entwurf des Überziehers an eine Lasche gedacht, die auch das Leder unter dem Henkel bedeckt. Einen Design-Preis bekommt „Hermès“ dafür nicht unbedingt – aber die Geste ist großartig (und ein Gratis-Service).

Beispiel 3: Coco Chanel hätte die Idee geliebt: Der neue „Coco Rain Bag“ aus Lammleder und mit dem typischen Kettenhenkel ( „Chanel“, ca. 1750 Euro) hat das Regenmäntelchen schon als Konzept inbegriffen - die abnehmbare wasserfeste Gummizug-Hülle sieht auch sehr stylish aus – zum Beispiel in Navy-Grün zur weißen Stepptasche. Merci!