Mit “Modestrecke“ haben die Bloggerinnen Jessica Weiss und Julia Knolle ihr erstes Buch herausgebracht. Und sind damit nicht allein.

Ihre gemeinsame Reise begann im Internet. Als Zufallsbekanntschaft. Vor drei Jahren suchte Julia Knolle im sozialen Netzwerk studiVZ nach Menschen mit Lust auf ein Abenteuer: Ein Tagebuch in einer neuen Form, spielerisch, experimentell, frei zugänglich für jeden. Die Düsseldorfer BWL-Studentin, damals noch mit einer Vorliebe für Perlenketten und Polohemden, wollte in einem Blog über Mode schreiben. Einfach so. Ohne Expertenwissen, ohne finanzielle Mittel. Sie stieß auf das Profil von Jessica Weiss. Die Fotos der Kommunikationswirtin aus Essen, bevorzugt in Vintage gekleidet, hätten ihr gefallen, sagt sie. So kam es zu einem ersten Treffen im Sushi-Restaurant.

Nach sieben Stunden, einigen Maki-Rollen und wenigen Gesprächspausen war die Gründung von „Les Mads“ beschlossen – und die jungen Frauen begaben sich auf ihre Reise, mit deren Verlauf sie selbst am wenigsten gerechnet haben. Heute gehört ihre Seite zum Burda-Verlag. Und zum bekanntesten Modeblog Deutschlands. 500 000 Leserinnen nehmen täglich Anteil an den Ausflügen der Autoren in die faszinierende wie verrückte Welt aus Trends, Models und Designern. Sie begleiten „Jessie“ und Julia nach New York, Berlin und Kopenhagen, teilen Gedanken über Outfits und Stilempfinden. Virtuell – und jetzt auch in Buchform.

„Modestrecke. Unterwegs mit Les Mads“ erzählt die Erfolgsgeschichte des Blogs, in 52 kurzen, unterhaltsamen Kapiteln, mit vielen persönlichen Anekdoten („Wie ich meiner 83-jährigen Oma das Bloggen erklärte“) und schönen Illustrationen. Als einen „Bildungsroman der Mode“ kündigte der Berlin Verlag das Werk an. Das ist es sicherlich nicht. Zum Glück. Denn die Mademoiselles bleiben sich treu: Sie urteilen nicht von oben herab, sondern gehen die Themen aus der Sicht der Leserinnen an. Es wird über Fehlkäufe und die Farbe Schwarz sinniert, hippe Adressen in Paris oder Tokio verraten, viel geshoppt und etwas gelästert. Ähnlich einem kurzweiligen Gespräch mit der guten Freundin. Eben ganz, wie man es von dem Blog gewohnt ist – und doch anders. „Wir wollten nicht einfach unsere Geschichten nachdrucken, es sollte etwas eigenes entstehen“, sagt Jessica Weiss. Ein einmaliger Ausflug, nicht auf Dauer angelegt. Zumal Julia Knolle mittlerweile „Les Mads“ verlassen hat, um sich anderen Onlineprojekten zu widmen. Die Spontanität und die Aktualität, die ihr Blog täglich fordert, würde Jessica Weiss nicht aufgeben wollen. Aber mit 24 Jahren ein Buch, ihr Buch, in den Händen zu halten, das wäre schon besonders.

Vom Blog zum Bestseller – kein Einzelphänomen. Im vergangenen Jahr brachten bereits die Streetstyle-Fotografen Scott Schuman alias „The Sartorialist“ und „Facehunter“ Yvan Rodic, echte Größen im Internet, umjubelte Bildbänder ihrer Arbeiten heraus. Es waren eher Reproduktionen als eigenständige Werke. Sehenswert sind diese kunstvollen Momentaufnahmen von Menschen der Straße dennoch.

Um den Stil von Jedermann geht es auch in der Community „I like my style“. 2007 als, so beschreibt es Chefredakteur Adriano Sack, „erstes User Generated Fashion Magazine“ gegründet, erschien bereits vor einem dreiviertel Jahr ein zusätzlicher Printableger. „I like my style Quarterly“ führt dabei im Drei-Monats-Takt die Geschichten der Nutzer, die Fotos von sich ins Netz stellen oder den Look anderer bewerten, fort. Wer auffällt, hat beste Chancen im gedruckten Format zu landen. Print und Online stehen hier also nicht im viel zitierten Spannungsverhältnis. Sie ergänzen sich. Entdeckt man „Kokoroko“ im pinken 50er-Jahre-Outfit auf der Internetseite, möchte man sie kennenlernen – und liest die Reportage im Magazin.

Print, sagt Jessica Weiss, werde nie aussterben. Doch hat es eine gewisse, ihm eigene Behäbigkeit. „Das widerspricht der schnelllebigen Modeszene.“ Einen Vorteil des gedruckten Wortes aber hat sie in dem halben Jahr, in dem sie mit Julia Knolle am Erstlingswerk schrieb, für sich entdeckt: Es ist in gewisser Weise endlich. Im Gegensatz zum Bloggeschehen. Abschalten ist hier fast unmöglich. Und das ist wörtlich zu nehmen.

Am Sonnabend, 22. Januar, stellen Julia Knolle und Jessica Weiss im Gespräch mit Christoph Amend („Zeit Magazin“) im Departmentstore Cabinet (Friedrichstraße 71, Berlin) ab 17 Uhr ihr Buch vor.

„Modestrecke. Unterwegs mit Les Mads“, Berlin Verlag, 9,95 Euro, www.lesmads.de

„I like my style Quarterly“, 12 Euro, an ausgewählten Zeitschriftenläden erhältlich, www.ilikemystyle.net