Zum Jubiläum einer Initiative gegen Magerwahn veranstaltet “Brigitte“ eine Modenschau mit Frauen wie du und ich. Die Prominenz war begeistert.

Hafencity. Ohne Profis auf dem Laufsteg, aber mit ganz viel Glamour zelebriert die Zeitschrift "Brigitte" ihre Modenschau im Hamburg Cruise Center. Das Ereignis stand damit ganz im Zeichen der Initiative "ohne Models", die ihr erstes Jubiläum feiert. Als einziges Modemagazin verzichtet die Redaktion darauf, professionelle Models zu buchen und zeigt stattdessen "normale" Frauen, um weg vom "pervertierten Schönheitsbild" zu kommen.

"Wir wurden von den Leserinnen förmlich überrannt, haben mittlerweile eine Kartei mit 30 000 Frauen aus ganz Deutschland", sagt Chefredakteur Andreas Lebert. Franca Cuneo vom Restaurant Cuneo auf St. Pauli war eine der ersten Frauen, die an der Aktion teilnahmen, ebenso Hamburger Polizistinnen, die für einen Tag Uniformen gegen Ballkleider tauschten.

Für die Modenschau wurde ein eigenes Casting veranstaltet. Und Cora Waschke machte das Rennen, durfte mit 14 anderen Frauen die aktuelle Frühjahrs- und Sommermode zeigen. Die 26-Jährige ist mit ihren knapp 1,70 Metern eigentlich zu klein für eine Laufsteg-Karriere. Und doch hat die Hamburgerin, die gerade ihr Germanistik-Studium beendet, zwei Wochen wie ein Topmodel gelebt, tourte mit der "Brigitte"-Show quer durch Deutschland, wurde von Profis gestylt und bekam Laufstegtraining. Ihre Spontaneität und Lebensfreude überzeugten die Redaktion. "Ich hatte vorher noch nie gemodelt. Am Anfang war ich nervös, aber nach dem ersten Auftritt war es einfach nur noch ein Genuss."

Während sich auch Chefredakteur Andreas Lebert freut, dass die Initiative "Lebendigkeit in die perfekt geölte Maschinerie der Modebranche gebracht hat", beobachtet Claudia Midolo - die Entdeckerin des Hamburger Topmodels Toni Garrn - keinerlei Einfluss auf das Modelgeschäft, sieht in der Initiative vielmehr eine Strategie, um als etablierte Zeitschrift wieder auf sich aufmerksam zu machen. "Man wirbt groß auf dem Cover damit, keine Models zu buchen, zeigt dann aber doch ausschließlich schöne Frauen, die nur knapp an einer Modelkarriere vorbeigeschrammt sind", sagt die Modelwerk-Chefin. "Wirklich innovativ wäre es, eine Kassiererin von Edeka für eine Modestrecke zu stylen." Außerdem lebe Mode auch von Träumen und Illusionen." Ich persönlich sehe mir lieber ein schlankes Model an, dem ich nacheifern kann. Ein bisschen Ansporn muss schon sein, sonst verändert sich nichts."

Anders sahen das die prominenten Gäste des Abends. "Ich finde die Kampagne sehr sympathisch. Darin kann sich jeder Typ von Frau wiederfinden", sagt Jonica Jahr-Goedhart. Sie selbst stören ein paar Kilos über ihrem Wohlfühlgewicht nicht: "Nach vier Schwangerschaften weiß ich, wie ich die auch wieder wegbekomme, wenn ich will."

Die Fernsehmoderatorin Sandra Maahn war anfangs skeptisch, ob das Medium seiner neuen Linie treu bleibt: "Super, dass sie es durchgezogen haben. Hätte es die Kampagne schon vor 15 Jahren gegeben, dann hätte manches Unglück unter den Models verhindert werden können."

Auch Schauspielerin Nova Meierhenrich, die gerade wegen einer Fernseh-Hauptrolle für die ZDF-Serie "Herzflimmern - Klinik am See", ihren Lebensmittelpunkt von Hamburg nach München verlegt hat, kam extra zur Modenschau angereist. Sie selbst kenne den Druck, der wegen des Gewichts auch in der Film- und Fernsehbranche ausgeübt werde. Allerdings würde sie sich dem nicht beugen: "Ich werde ungenießbar, wenn ich Hunger habe." Eine Pasta Bolognese gehöre bei ihr dazu, um sich glücklich in ihrer Haut zu fühlen. Eine kleine "Speckrolle" störe daher nicht. "Hauptsache man fühlt sich wohl, und das tut man bestimmt nicht, wenn man auf Essen verzichten muss", sagt die Schauspielerin.

Nina Petri weiß ebenfalls, dass oft in den Mode- und Filmbranchen über das Gewicht anderer getuschelt wird. Das störe sie nicht. "Ich kann ruhig mal zwei oder drei Kilo mehr haben, denn mit meinem Gewicht hatte ich noch nie Probleme", sagt Petri, die bei ihren beiden Töchtern auf eine ausgewogene Ernährung achtet, aber auch Süßes zulässt. Das gehöre schließlich dazu, wenn man Lust auf Schokolade verspüre.

Auch bei den geladenen Herren können ultra-dünne Models nicht punkten. "Zudem sind sie oft sehr, sehr jung", sagt Enno Freiherr von Ruffin. Da sollten sie eher in die Schule gehen, als für ihren Job um die Welt zu fliegen. Das, was zähle, sei vor allem Natürlichkeit. TV-Moderator Ulf Ansorge stimmt dem zu. Die "normale" Frau als Leserin würde durch die Aktion das Signal erhalten, dass auch ihr die Mode stehe, so Ansorge.