Der Abendblatt-Verein ermöglichte zwei Frauen mit schweren Behinderungen, wieder mobil und damit selbstständiger zu werden.

Die Wünsche von Sandra Messerschmidt (Name geändert) waren bescheiden. Die sehr vielseitig interessierte und gebildete Frau wünschte sich nur mal selbstständig zur Wiese hinter ihrem Haus zu gelangen, „um in der Natur ein Buch zu lesen“. Sie hatte in ihrem Wohnort auch noch nie den nahe gelegenen Supermarkt von innen gesehen, geschweige denn eine kulturelle Veranstaltung besucht.

Der Grund dafür: Sie sitzt im Rollstuhl und dieser ist ansichts ihrer schweren Behinderung nicht geeignet dafür, sich außerhalb der Wohnung zu bewegen. Frau Messerschmidt leidet unter einer Fehlbildung der Wirbelsäule, Spinaler Muskelatrophie, Lähmungen in den Armen und einem chronischen Schmerzsyndrom. „Ich wende mich aus meiner verzweifelten Lebenslage an Sie, da ich keine andere Idee und Hoffnung mehr habe“, schrieb Messerschmidt an den Verein „Hamburger Abendblatt hilft“. Ihre Bitte: Eine finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung eines besonderen E-Rollstuhls.

Jede Erschütterung führte zu Krämpfen

Sie hatte zur Fortbewegung von der Krankenkasse zwar einen Aktiv-Rollstuhl erhalten, wendig und faltbar. Das ist wichtig für die tägliche Pflegeassistenz, die sich sonst in der kleinen Wohnung nicht bewegen könnte oder für einen Transport im Auto. Doch damit lässt sich nur ein Teil ihres Alltagslebens abdecken. Für selbstständige Ausfahrten in die Umgebung ist dieser Rollstuhl für sie nicht geeignet. Bei kleinsten Hindernissen auf unebenem Boden sei sie durch die Erschütterungen schnell in ihre „rote Belastungszone“ geraten. „Bordsteinkanten von ein bis zwei Zentimeter Höhe hoch- und runterzufahren, um zur gegenüberliegenden Straßenseite zu kommen, führten mich in schlimme Krampf-Spastik und Schmerzzustände sowie Taubheit bis ins Becken“, beschrieb Sandra Messerschmidt die Auswirkungen.

Doch sie hat nie aufgeben - ihr Wunsch nach gesellschaftlicher Teilhabe ist zu groß. Nach langem Suchen fand Messerschmidt eine Firma, die individuell anpassbare Elektro-Rollstühle herstellt. Sie probierte einen aus. „Damit war es mir erstmalig möglich, im Nahbereich draußen bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit zu fahren. Ich möchte nicht kitschig klingen, doch mir standen Tränen des Glücks in den Augen, dass dies nach so vielen Jahren möglich werden kann“, schrieb sie in ihrer E-Mail an den Abendblatt-Verein.

Die Krankenkasse lehnte zweiten Rollstuhl ab

Die Kosten für einen zweiten Rollstuhl lehnte ihre Krankenkasse trotz medizinischer Gutachten und jahrelanger Auseinandersetzung jedoch ab. Sie könne den neuen Rollstuhl gern gegen einen anderen tauschen, wurde ihr geschrieben. Doch das half Sabina Messerschmidt nicht, sie benötigt zwei verschiedene Geräte: einen Rolli für drinnen und den schweren E-Rolli mit Polsterung für draußen. Am wichtigsten sei ihr, „noch möglichst lange selbstständig in einer eigenen Wohnung leben zu können, was Besuche von Behörden, das Wahrnehmen von Therapien und Teilnehmen an sozialen und kulturellen Veranstaltungen, also überhaupt Kommunikation mit anderen Menschen einschließt“, schrieb sie.

Ihren großen Wunsch hat unser Verein nun erfüllt – zusammen mit der Firma Dietz Power, die den Rollstuhl Sango advanced herstellt und dem Sanitätshaus Incort, welches das Hilfsmittel für sie individuell anpasste. Die Unternehmen gewährten einen großzügigen Rabatt auf den Kaufpreis. „Aufgrund ihrer Erkrankung ist dieser E-Rollstuhl für ihre Mobilität im Alltag das beste Mittel, da er Einstellmöglichkeiten wie einen elektrisch einstellbaren Rücken und elektrische Beinstützen, sowie spezielle Armlehnen hat“, sagt der Incort-Geschäftsführer Thomas Möller. Er hatte die Hoffnung ebenso wie Frau Messerschmidt schon fast aufgegeben, dass sie dieses Gerät jemals bekommen könnte. Nun freute er sich mit ihr. „Wie schön, dass wir so schnell eine Lösung finden konnten. Wunderbar, dass es solche Vereine wie den des Hamburger Abendblatts gibt.“

Die Zusage ist wie ein Sechser im Lotto

Als Sandra Messerschmidt die Zusage bekam, war sie vollkommen überwältigt: „Entschuldigung, ich kann’s nicht fassen, ich weine vor Glück … Das ist gerade der Sechser im Lotto! Das ist das größte Fest meines Lebens!“, rief sie ins Telefon.

Inzwischen ist der neue Rollstuhl zum festen Bestandteil ihres Alltags geworden. „So habe ich erstmalig seit zweieinhalb Jahren die Straßen und Wege in meiner Wohnumgebung kennengelernt und gestaunt, wie viele schöne Ecken es hier gibt. Ebenso komme ich jetzt selbst im Rollstuhl in die Praxen zu meinen Ärzten und zu den jeweiligen Behandlungen. Ich danke Ihnen und allen Beteiligten von Herzen sehr für dieses Glück!“

Neue Unterkunft erwies sich als Falle für Marion Hermes

Ein ähnliches Schicksal wie Frau Messerschmidt begleitet auch Marion Hermes (Name geändert). Seit 1999 ist die 46-Jährige arbeitsunfähig. Neben einer chronischen Leukämie, hat sie chronische Polyarthritis, Schmerzstörungen und Lähmungen in den Gliedmaßen. Seit 2005 sitzt sie im Rollstuhl, versorgt von Pflegern und ihren beiden Töchter, die 14 und 21 Jahre alt sind. Der Umzug in eine barrierefreie, bezahlbare Wohnung, nach der die kleine Familie jahrelang gesucht hat, erwies sich als Falle für die behinderte Frau.

Der Vorhof ist voller Löcher. „Im Winter verwandelte sich der Erd-Steine Bereich in ein schlammiges modderiges Sumpfgebiet. Bei Mamas Rollstuhl brach das eine Mal das Vorderrad ab und wenn sie mal alleine raus wollte, steckte sie fest. Mehrfach ist unsere Mutter aus dem Rollstuhl gefallen, mal gab es nur kleine Verletzungen, doch November musste sie nach einem weiteren Sturz am linken Oberschenkel operiert werden“, schrieben die Mädchen hilfesuchend an den Abendblatt-Verein.

Sie möchte am Leben teilnehmen

Sie haben ein sehr enges Verhältnis zu ihrer Mutter, der es so wichtig ist, an ihrem Leben teilzunehmen. Doch im Moment kann sie die Wohnung aufgrund des schlechten Vorplatzes kaum verlassen. „Ich möchte so gerne sehen, wie meine Kleine konfirmiert wird und meine größere Tochter bei ihrer Ausbildung begleiten“, sagte Marion Hermes am Telefon. Deswegen bat die Familie den Abendblatt-Verein um eine Übernahme der Pflasterkosten im Hof. „Ich habe zwar nur meine Ausbildungsvergütung und meine Schwester nur ihr Taschengeld, aber wenn uns geholfen wird, sind wir selbstverständlich bereit auch etwas beizusteuern“, schrieb die ältere Tochter, die seit fast einem Jahr verzweifelt versucht, eine Lösung zu finden, um den Hof zu befestigen.

„Ein gepflasterter Weg würde mir ermöglichen, alleine das Grundstück zu verlassen“, sagte ihre Mutter, Marion Hermes. „Ich könnte dann selbstständig zum Auto, allerdings um in das Fahrzeug zu gelangen, werde ich immer Hilfe benötigen. Aber ich könnte dann auch an guten Tagen die sehr nahe gelegene Bushaltestelle erreichen und mal mit dem Bus in den nächsten Ort fahren.“ Auch hier hat der Verein „Hamburger Abendblatt hilft“ die Kosten für die Bauarbeiten übernommen. Als Frau Hermes davon erfuhr, brach sie ungläubig in Tränen aus. „Dass es so was noch gibt, ich bin sprachlos. Für mich bedeuteten diese Steine so viel mehr Lebensqualität. Danke, das ist so eine schöne Nachricht.“