Rosengarten-Ehestorf. Im Freilichtmuseum am Kiekeberg präsentieren Bastler aus ganz Norddeutschland die Ergebnisse ihrer jahrelangen Arbeit.

Der VW-Bus mit dem abgetrennten Dach fungiert als Hühnerstall, die Bauersfrau mit dem blauen Kittel transportiert einen Weidenkorb mit Holzscheiten, Männer halten Klönschnack, und die junge Frau auf dem Plumpsklo hinten links im Schrebergarten hat versehentlich die Tür offen gelassen. Sonst würde man ja nichts sehen. So und so.

Abseits des urigen Idylls verkehrt eine gepflegte Schmalspurbahn durch norddeutsches Flachland. Michael Neben und seine Mitstreiter des Vereins LGB-Freunde Nord haben in ihrer Freizeit Ansehnliches geschaffen. Der Spruch „mit Geduld und Spucke“ passt perfekt. Das Publikum im Hauptgebäude des Freilichtmuseums am Kiekeberg verharrt beeindruckt vor der kleinformatigen Märchenwelt.

Bevor wir weiter ins Detail gehen, gibt’s einen Überblick. 16 Aussteller demonstrieren ihre Wunderwerke. Erstaunlich, was man mit Schönheitssinn und Hingabe bewirken kann – Hand in Hand. Das Motto des Aktionstages in den Harburger Bergen ist Programm: Faszination Modellbau. Hubschrauber, Schiffe, Autos, Züge und Landwirtschaft im Kleinen ergeben eine verblüffende Vielfalt.

So groß wie ein Bonsai – Kreative bauen detailgetreue Modelle

Die Ausstellung ist ein Dorado für Bastler, Tüftler und Menschen mit Faible für figelinsche Fingerfertigkeit. Der Andrang war so stark, dass es ein Wiederholungsspiel geben soll. „Leidenschaft zum Anfassen“, formuliert es Projektleiterin Dorothea Lepper.

Neben den Schmalspurfreunden haben Könner Dioramen aufgebaut, mit plastischen Gegenständen angereicherte Schaubilder mit Motiven aus der Landwirtschaft. Der Modellbau Stammtisch Küste 1:87 stellt Moor und Geest, Ackerbau und Viehhaltung verblüffend winzig und detailgetreu dar. Im Verhältnis 1:87 eben. Die Mitglieder stammen aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Miniatur-Idylle in der Schrebergartenkolonie nah der Schmalspurgleise
Miniatur-Idylle in der Schrebergartenkolonie nah der Schmalspurgleise © Michael Rauhe

Bastler schaffen Bauernhof in Bonsaigröße

Michael Speit, gelernter Zimmerer aus Holtsee bei Eckernförde, schuf einen Bauernhof in Bonsaigröße. „Darin stecken drei Jahre Arbeit“, sagt er, „und ich habe nicht eine Minute davon bereut.“ Rund 500 Bullen, Kühe und Kälber sind in akkurat aus Holz gefrästen Stallungen untergebracht.

Wenn Herr Speit schon seine Freizeit opfert, will er zumindest Geld sparen. Da fertige Miniaturtiere pro Stück mehr als 2 Euro kosten, kauft er weiße Rohlinge für jeweils 80 Cent – und greift zum Pinsel. Das Publikum würdigt diesen außerordentlichen Einsatz mit anerkennenden Kommentaren und fachkundigen Fragen.

Erwachsene Bauherren verwirklichen Kindheitsträume

Vereinskollege Trino Klingenberg und Lebensgefährtin Sabine aus Alt-Duvenstedt nahe Rendsburg spiegeln die Landwirtschaft ebenfalls natürlich. „Ich verwirkliche meinen Kindheitstraum“, verrät der Fachinformatiker. Trecker und andere landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge hat er persönlich gebaut.

Die Einzelteile wurden gefräst oder mittels 3-D-Druckers hergestellt. Sechsmal im Jahr stellt das Paar bei Veranstaltungen aus. Wer sich ähnliche Kunststücke ansehen möchte, kann am 22. März auf der Modelltraktoren- und Baumaschinenmesse in Büdelsdorf fündig werden. Apropos: Die eingangs beschriebenen LGB-Freunde Nord sind am 14./15. März bei der „Schmalspur-Bahnromantik“ im Gemeindehaus am Kirchberg in Wohltorf zu sehen.

Funksteuerung auf einer interaktiven Baustelle

Zeit für eine Bratwurst und einen Becher Kaffee auf dem Freigelände. Vor einem Zelt steht eine Menschenmenge. Klein und Groß sind gleichermaßen gebannt. Kein Wunder: Der Truck Modellbau Club Hamburg legt so richtig los. Auf einer interaktiven Baustelle tummeln sich funkgesteuerte Fahrzeuge.

Achim Garbers aus Seevetal, hauptberuflich Fliesenleger, lädt mit seinem Kipper ein paar Kilo Sand auf einer Halde ab. Klappt wie am Schnürchen – der Fernbedienung sei dank. Es juckt in den Fingern, doch ist nur Zuschauen erlaubt. Achim erläutert den Grund: Diese Spezialfahrzeuge kosten zwischen 3000 und 6000 Euro.

Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl wird Kunstvolles geschaffen.
Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl wird Kunstvolles geschaffen. © Michael Rauhe

Wer bei Modulen und Funksteuerung nicht selbst werkelt, muss für die Komplettausstattung noch mehr zahlen. Einmal monatlich treffen sich die 30 (männlichen) Mitglieder auf einem 600 Quadratmeter großen Freigelände in Rothenburgsort. Dann kann rangiert und gebaggert werden, dass es eine Lust ist.

Im Kleinen ganz groß: Flugzeuge, Schiffe und Eisenbahnen

Zurück ins Agrarium. Die Modellfluggruppe Condor aus Heidenau präsentiert eine Auswahl unterschiedlicher Flugmodelle. Und wer eine Stunde an den Ständen des Schiffsmodellbau-Clubs Hamburg verbringt, hat längst nicht alles gesehen.

Das gilt ebenso für die erwachsenen Jungs der Modelleisenbahnfreunde Hamburg Walddörfer. „Es ist eine eigene, wunderbare Welt“, weiß Uwe Mollenhauer, der Vorsitzende. Jeden Dienstag ab 19 Uhr zeigen die Eisenbahnfreaks an der Ladestraße des Bahnhofs Bergedorf-Süd, was man so auf und an die Schiene bringen kann. Im Kleinen ganz groß zu sein, das ist ihr Werk.

Das Maß aller Dinge: die Größe eines Bananenkartons

Auch wenn das Publikum an diesem Sonntag am Kiekeberg gemischt ist, gilt das Vereinsleben überwiegend als Männerwelt. Wobei in der Regel folgende Devise gilt: Die Frauen tolerieren und fördern die Leidenschaft ihrer Männer, begleiten sie beim Aufbau und den Ausstellungstag über.

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Weil sie dann zu Hause ihre Ruhe haben? Marion Neben schmunzelt, weist diese Behauptung allerdings zurück. „Hin und wieder bastele ich ein wenig mit“, sagt die technische Zeichnerin. Das Fahren mit Schmalspureisenbahnen indes „finde ich langweilig“.

Einzelteile werden präzise zusammengesetzt

Ihr Mann Michael Neben, Rainer Franzen und die anderen leidenschaftlich arbeitenden Seelenverwandten des Vereins können ihre Loks und Anhänger dagegen stundenlang kreisen lassen. Kann es ein größeres Vergnügen geben? Die riesige Anlage besteht aus diversen Einzelteilen, die vor Ort präzise zusammengesetzt werden - wie ein Puzzle. Das Maß aller Dinge: die Größe eines Bananenkartons.

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