Hamburg. Die Krise hat den deutschen Schiffbau im Griff wie sonst wenige Branchen. Es gibt kaum mehr neue Aufträge und bei Standardschiffen wie Container- oder Massengutfrachtern sind die deutschen Werften der Konkurrenz aus China und Korea, die für mehr als 60 Prozent des Marktes stehen, hoffnungslos unterlegen. Nach 56 Stornierungen seit Mitte 2008, davon 29 im Jahr 2009, soll jetzt die Wende gelingen: Mit Schiffstypen, die so auf die Kunden zugeschnitten sind, dass internationale Schiffbauer kaum mitbieten können.

Die Zeit dafür ist knapp: Zwar sind noch mehr als 100 Schiffe mit knapp zwei Millionen BRZ im Auftragsbestand. Das reicht rechnerisch für zwei Jahre. "Doch neben der Meyer Werft, Lürssen oder der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft, die gut ausgelastet sind, sind Hunderte Beschäftigte in Kurzarbeit", so Werner Lundt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM).

Hilfe vom Staat gibt es zwar wie für die gesamte Wirtschaft über den Deutschlandsfonds, über den sich Kredite staatlich verbürgen lassen. "Zudem wurden Projekte wie der dritte Einsatzgruppenversorger für die Marine vorgezogen", sagt Lundt. So begann die Konstruktion für das Schiff, das 2011 vom Stapel laufen soll, ein Jahr früher als vorgesehen. Doch bei dem Frachter müssen sich gleich vier Unternehmen den Auftragswert von 200 Millionen Euro teilen.

Den großen Schub aber werden 2010 öffentliche Projekte kaum bringen. Dafür fehlen die Mittel. Vielmehr versuchen die Betriebe Stärken auszuspielen, die die übermächtige Konkurrenz aus Asien nicht hat. Sietas etwa hat gerade in der norddeutschen Region Kontakte wie kaum andere und stellt die Fertigung komplett um (siehe Interview). Auch die Doppelendfähren der Flensburger Schiffbauer für Vancouver sind ein Beispiel für ein Produkt, bei dem asiatische Konkurrenz unwahrscheinlich ist. Die Schiffe sind auf ihren Einsatzzweck zugeschnitten und eignen sich so nicht für Serien wie sie Koreaner und Chinesen gerne bauen. Sie bieten einen niedrigen Treibstoffverbrauch und hohe Umweltstandards - Vorteile, die Reeder zu schätzen wissen.

Für die Erneuerung vor allem der Fähren im Mittelmeer hat der europäische Werftenverband, Community of European Shipyard Association (CESA), nun ein Flottenerneuerungsprogramm angeregt, das auf die EU-Werften beschränkt sein soll. In Deutschland setzt der VSM auf Entwicklungshilfeprojekte.

Zunächst jedoch sind sechs deutsche Werften in der Insolvenz und da der Übergang der Wadan Werften auf ihren neuen Eigentümer nicht abgeschlossen ist, liegt die Zahl der Beschäftigten mit 20 368 gegenüber gut 24 000 deutlich niedriger als vor einem Jahr. Stellt Nordic weiter ein, wird die Differenz kleiner werden. Der Umsatz der Branche dürfte aber mit gut 3,7 Milliarden Euro 2009 unter den 4,5 Milliarden Euro von 2008 liegen.

Weltweit hat der Schiffbau gestützt auf frühere Aufträge noch nicht an Schwung verloren. So dürften 2009 Schiffe mit 45 Millionen (Vorjahr 42) Neubautonnen (cgt) entstanden sein. Doch bei den Aufträgen sind 2009 wohl kaum mehr als zwölf bis 13 Millionen cgt eingegangen. Der schlechteste Wert der vergangenen 30 Jahre lag 1988 bei zehn Millionen cgt.

Trotz des Einbruchs werden die Werftkapazitäten steigen. Nach einer japanischen Studie von 57 Millionen cgt 2010 auf bis zu 70 Millionen cgt 2015. Langfristig wird aber nur eine Nachfrage von 28 Millionen cgt erwartet. Vor allem die Chinesen bauen aus. Sie wollen einen größeren Anteil ihres Handels auf Schiffen chinesischer Reedereien transportieren, die im eigenen Land gebaut wurden. Ein Argument, das lange auch in Europa stach, wenn es um Hilfe für die Werften ging.