Johannesburg. Stattdessen könnte ein Berufungsgericht den beinamputierten früheren Superstar sogar zu einer noch längeren Haft verurteilen.

Zwei Tage vor der geplanten Haftentlassung von Oscar Pistorius auf Bewährung hat das Justizministerium die Entscheidung vorläufig ausgesetzt. Damit muss der beinamputierte frühere Sprinter vermutlich im Gefängnis bleiben. Der Beschluss des Bewährungskomitees, ihn nach nur zehn Monaten Haft in den Hausarrest zu entlassen, sei verfrüht gewesen und bedürfe einer neuen Überprüfung, erklärte Minister Michael Masutha am Mittwoch.

Ministeriumssprecher Mthunzi Mhaga sagte dem Nachrichtensender eNCA, es gebe noch keinen Termin für die Überprüfung der Bewährungsentscheidung durch die ranghöhere Instanz. Damit schien die geplante Entlassung des beinamputierten Ex-Sprinters in den Hausarrest am Freitag sehr unwahrscheinlich. Südafrikanische Juristen sagten, in normalen Fällen sei es undenkbar, die Überprüfung einer solchen Entscheidung innerhalb eines Tages zu organisieren.

Das Justizministerium erklärte, die Entscheidung, ihm schon im Juni die Entlassung in den Hausarrest zu gewähren, stehe im Widerspruch zu geltendem Recht. Demnach kann eine solche Entscheidung erst getroffen werden, wenn ein Straftäter ein Sechstel der Haftstrafe abgeleistet hat. Bei Pistorius wird dies erst am Freitag der Fall sein, wenn er zehn Monate seiner fünfjährigen Haftstrafe abgeleistet haben wird.

Der Minister ordnete die Überprüfung der Entscheidung nach einer Petition einer Gruppe von Frauenrechtlerinnen an. Viele Südafrikaner sind überzeugt, dass der wohlhabende weiße Pistorius von der Justiz eine Vorzugsbehandlung bekam - was Druck auf die Regierung ausübte.

Pistorius (28) hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin Reeva Steenkamp - die am Mittwoch ihren 32. Geburtstag gefeiert hätte - durch eine geschlossene Toilettentür erschossen. Er sagt, er habe hinter der Tür einen Einbrecher befürchtet. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen das Urteil ein, um eine Verurteilung zu einer längeren Haftstrafe zu erreichen. Das oberste Berufungsgericht in Bloemfontein wird sich den Fall im November vornehmen. Experten halten es für wahrscheinlich, dass Pistorius eine längere Gefängnisstrafe bekommen wird.

Pistorius wurden als Kind wegen eines Gendefekts beide Beine unterhalb der Knie amputiert. Als Sprinter wurde er weltweit bekannt, als er mit seinen J-förmigen High-Tech-Prothesen aus elastischem Carbon bei den Paralympics Rekorde brach. Auch bei den Olympischen Spielen 2012 in London machte er Furore. Ganz Südafrika war stolz auf den zähen, wild-entschlossenen Sportler. Seine Beziehung zu Reeva brachte die beiden auch in die Klatschspalten der Zeitungen. Doch nach den Todesschüssen vom Valentinstag 2013 war es jäh vorbei mit „Oscar Superstar“. Er wurde noch am gleichen Tag verhaftet, seine Sponsoren kündigten schnell alle Verträge.