Sie schrieb in der Lindenstraße Fernsehgeschichte. Privat hat Marie-Luise Marjan erst vor kurzem einen Großteil ihrer Familie gefunden.

Köln. Bei Frust brät sie Spiegeleier, sie tröstet ihre Lieben - und hat selbst genug Schicksalsschläge erlitten: Die „Mutter Beimer“ aus der „Lindenstraße“ ist für viele Fernsehzuschauer das Paradebeispiel einer Mutter. „Ich mag die Helga sehr, sie kämpft auf ihre Weise für die guten Dinge der Welt“, sagt Marie-Luise Marjan, die am 9. August 75 Jahre alt wird. Nicht nur wegen ihrer Rolle Helga Beimer hat die Schauspielerin zum Thema Mütter ein ganz besonderes Verhältnis.

„Die Helga ist meine 25. Mutterrolle“, erzählt Marjan, die manchmal gar als „Mutter der Nation“ bezeichnet wird. „Die Leute, die das Sagen hatten, sahen mich eben immer als Mutter.“ Das begann schon als junge Schauspielschülerin und führte über die Elvira Rykalla in Wolfgang-Petersens „Smog“ (1972) bis eben zur Mutter Beimer, die sie seit inzwischen 30 Jahren verkörpert. Moritz A. Sachs, der in der Serie ebenso lange Helgas Sohn Klausi spielt, sagt: „Marie-Luise ist für mich keine Ersatzmutter, aber wir haben ein sehr familiäres Verhältnis. Schließlich begleitet sie mich schon fast mein ganzes Leben lang.“

Im Privatleben ist Marjan keine Mutter. Aber sie engagiert sich seit vielen Jahren für die Kinderhilfswerke Unicef und Plan International. Erst vor wenigen Monaten hat sie nach Angaben von Plan eines ihrer Patenkinder, den siebenjährigen Alexis, in Haiti besucht. Für ihre ehrenamtliche Arbeit erhielt die Schauspielerin unter anderem das Bundesverdienstkreuz.

Marjan selbst kam kurz nach der Geburt in ein Waisenhaus und wurde dann von ihren späteren Pflegeeltern adoptiert. „Ich bin wohlbehütet aufgewachsen, ihre Eigenschaften wie Sparsamkeit, Sorge und Ehrgeiz haben mich geprägt.“ Die Beziehung zu ihnen geriet ins Wanken, als Marjan mit 16 Jahren beiläufig von einer Mitschülerin erfuhr, dass ihre Eltern gar nicht ihre richtigen Eltern sind.

Ihre leibliche Mutter lernte Marjan später kennen. Sie bemühte sich um den Kontakt und besuchte sie später in Kanada, wohin diese ausgewandert war. Doch das Verhältnis zu ihr blieb kühl. „Ich bin ihr aber nicht böse, dass sie mich damals weggegeben hat. Denn sie hatte ja eigentlich das gleiche Schicksal wie ich, war auch im Waisenhaus“, sagt Marjan nachdenklich. Enttäuscht sei sie aber darüber gewesen, dass die Mutter ihr nichts über ihren unbekannten Vater erzählen wollte.

Erst 2007 fand Marjan mit Hilfe der ARD-Sendung „Das Geheimnis meiner Familie“ heraus, wer er war. Und sie erfuhr zugleich, dass sie einen Halbbruder namens Günther sowie mehrere Cousinen und Cousins hat. Gerade hat Marjan ein Buch veröffentlicht, in dem sie die Suche nach ihren Wurzeln schildert.

Ihren 75. Geburtstag will Marjan, die privat zwischen Köln und Hamburg pendelt, mit Freunden, Wegbegleitern und ihrer „neuen großen Familie“ feiern. „Das ist eine wunderbar bunte Familie. Ich bin froh, dass ich sie gefunden habe“, sagt sie und strahlt.

An Ruhestand denke sie nicht. „Sehe ich nach Rente aus?“, fragt sie lachend. „Nein, nein, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“, sagt Marjan, die als sehr disziplinierte Schauspielerin gilt. „Lindenstraße“-Regisseur Hans W. Geißendörfer lobt sie als immer pünktlich, textsicher und gut gelaunt. Auch am Wochenende habe sie häufig mit ihren Kollegen Szenen geübt.

Joachim Hermann Luger, der Hans Beimer aus der „Lindenstraße“, erinnert sich noch gut, wie ihm wildfremde Leute Vorwürfe machten, nachdem Hans seine Helga verlassen hatte. „Bis heute fragen mich Zuschauer: „Wann gehen Sie endlich zurück zu Ihrer Taube?““, erzählt er schmunzelnd. „Naja, so halten wir das Wasser am Köcheln.“