Düsseldorf . Im Interview erklärt Gitarrist Michael „Breiti“ Breitkopf, warum sich die „Toten Hosen“ für Flüchtlinge einsetzen und welche Änderungen im Asylrecht sie sich wünschen würden.

„Für Flüchtlingsschutz - gegen Dublin III“ lautet der Slogan der aktuellen Kampagne der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Kirchliche Organisationen und Hilfswerke unterstützen die Aktion ebenso wie Prominente, darunter die Punkrockband „Die Toten Hosen“. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt Gitarrist Michael „Breiti“ Breitkopf, warum sich die Band für Flüchtlinge einsetzt und welche Änderungen im Asylrecht sie sich wünschen würde.

Breiti, warum engagieren Sie sich für Flüchtlinge?

Breiti: Ich bin geprägt durch die Geschichte meiner Eltern. Sie kamen beide aus Schlesien und haben Diktatur, Krieg, russische Besatzung, Vertreibung und das Leben im Flüchtlingslager ertragen müssen. Mein dauerhaftes Interesse wurde ausgelöst durch die Vorgänge Anfang der 90er Jahre, als Flüchtlinge immer wieder angegriffen wurden. Ich fand das skandalös und nicht hinnehmbar.

Momentan setzt Pro Asyl sich besonders gegen die Dublin-III-Verordnung ein. Was stört Sie daran?

Breiti: Diese Verordnung sieht vor, dass Menschen in dem Land, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten, ihren Asylantrag stellen müssen. Das führt dazu, dass Randstaaten der EU wie Griechenland, Italien oder Spanien mit massiven Problemen alleingelassen werden. Deutschland dagegen kann sich erst einmal bequem zurücklehnen. Flüchtlinge sollten also die Möglichkeit bekommen, sich das Land auszusuchen, in dem sie einen Asylantrag stellen möchten. Zudem müsste es ein europaweites Verteilungssystem geben, damit sich alle europäischen Länder ihren Möglichkeiten gemäß gerecht beteiligen.

Darüber wird zur Zeit viel gestritten, aber auch über Phänomene wie Pegida. Verändert sich das Klima in Deutschland?

Breiti: Zum einen berichten viele Medien differenzierter über Flüchtlingsfragen, als das früher oft der Fall war. Auch in der Bevölkerung gibt es mehr Anteilnahme. Viele Bürger, die in der Nähe einer Asyleinrichtung wohnen, gehen einfach dort vorbei und wollen mithelfen. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Leute wie die von Pegida, die versuchen, Flüchtlinge zum Sündenbock und zum Ziel für Anfeindungen zu machen.

Wie wichtig ist es, dem etwas entgegenzusetzen?

Breiti: Wir wollen diesen Leuten nicht die Öffentlichkeit überlassen, sondern daran erinnern und dafür eintreten, was die Grundlagen unserer Gesellschaft sind: Respekt, Toleranz und Menschenrechte. Jeder muss überlegen, was er an seinem Platz dafür tun kann. Unser Weg ist der, dass wir Hilfsorganisationen unterstützen oder Lieder zu dem Thema schreiben, wie auf dem letzten Album das Lied „Europa“. Auch wenn Musikbands bei Konzerten eine Haltung einnehmen, kann das eine Wirkung für das Publikum haben: Wenn ein Gemeinschaftsgefühl entsteht, kann man sich besser mit Problem auseinandersetzen - zum Beispiel, wenn man im privaten Umfeld auf Nazis trifft. Dann ist es wichtig, sich nicht alleine zu fühlen.

Zuletzt gab es Drohungen gegen Politiker, die sich für Flüchtlinge engagieren. Müssten sie besser geschützt werden?

Breiti: Die Frage ist, wie Polizei, Ermittlungsbehörden und Verfassungsschutz mit Angriffen von Rechts umgehen. Der NSU ist nur die unrühmliche Spitze eines Eisbergs, bei dem die Ermittlungsbehörden über Jahre versagt haben. Leider sind viele Behörden, Polizei und Richter auf dem rechten Auge blind; sie verharmlosen, wo sie nur können. Da würden wir uns mehr politischen Willen bei Entscheidungsträgern wünschen, daran etwas zu ändern.

Auch an Projekten der „Toten Hosen“ gibt es immer wieder Kritik, zuletzt an „Band Aid 30“ für Ebola. Wie gehen Sie damit um?

Breiti: Fundierte Kritik gab es tatsächlich kaum, stattdessen viele unerklärliche Anfeindungen. Wir haben trotzdem zu der Aktion gestanden. Es ging um eine andauernde Katastrophe in Westafrika, und die betroffenen Länder wurden mit dem Ausbruch von Ebola alleingelassen. Die UNO ist an Bob Geldof herangetreten, ob er sich nicht engagieren könnte, wie er es in der Vergangenheit schon gemacht hatte. Der wiederum hat uns gefragt, ob wir in Deutschland etwas auf die Beine stellen könnten. Inzwischen sind weltweit mehrere Millionen Euro zusammen gekommen, die zum größten Teil bereits an Hilfsorganisationen weitergereicht wurden. Insofern war es eine gute Aktion.

Kirchen und Politik haben zuletzt über das Kirchenasyl diskutiert. Wie sehen Sie das?

Breiti: Das Kirchenasyl ist eine wichtige Einrichtung. Oftmals werden Asylgesuche ja erst einmal abgelehnt, und Hilfsorganisationen oder Anwälte müssen Zeit gewinnen - nach der die zunächst abgelehnten Flüchtlinge dann doch anerkannt werden. Es ist schade, dass Innenminister de Maiziere sich das Kirchenasyl als Zielscheibe ausgesucht hat. Dennoch sollten Menschen weiter den Mut haben, anderen auf diesem Weg erfolgreiche Asylverfahren zu ermöglichen.

(KNA)