Wer macht den Heiratsantrag? In den USA normalerweise der Mann. Daran hat sich allen gesellschaftlichen Veränderungen zum Trotz in den vergangenen 50 Jahren wenig geändert.

Washington. Wenn ein Mann in den USA eine Frau heiratet, ist es sehr wahrscheinlich, dass er es war, der den Heiratsantrag gemacht hat. Dabei sagen immerhin drei Viertel der Amerikaner, dass sie es in Ordnung fänden, wenn die Frau den Antrag machen würde. Doch die Praxis sieht anders aus: Lediglich fünf Prozent der Verheirateten gaben an, dass die Frau um die Hand ihres Zukünftigen angehalten habe. Die Zahl ist auch unter Paaren, die innerhalb der vergangenen zehn Jahre geheiratet haben, nicht höher. Der Trend scheint sogar in die anderen Richtung zu gehen, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur AP und des Fernsehsenders WE tv zeigt.

Unter jungen Erwachsenen ist es wahrscheinlicher als unter älteren, dass sie es inakzeptabel finden, wenn eine Frau den Antrag macht: Für mehr als ein Drittel der Befragten unter 30 Jahre trifft dies zu. Der 26-jährige Steve Paska findet Heiratsanträge von Frauen zwar in Ordnung – schließlich machte sogar eine seiner Schwestern ihrem Freund den Antrag -, doch er selbst wollte seiner Freundin seine Liebe auf traditionelle Art erklären.

Paska wartete, bis in Washington die Kirschbäume blühten und suchte dann im Blütenmeer zwei Stunden lang nach der perfekten Stelle für den Antrag. Unter dem Vorwand, ein Gemälde der Blüten kaufen zu wollen, lotste er seine Freundin schließlich genau dort hin. Dann überraschte er sie damit, dass er auf den Knien um ihre Hand anhielt. Sie sagte so schnell „Ja“, dass er vergaß, den Ring herauszuholen. Hätte umgekehrt sie ihn gefragt, „hätte ich um eine Auszeit gebeten“, sagt Paska.

In der Umfrage erklärte fast die Hälfte der alleinstehenden Frauen, dass sie sich vorstellen könnten, eines Tages selbst einen Heiratsantrag zu machen. Paskas Verlobte Jessica Deegan sagt, zwar seien sich beide bereits einig gewesen, heiraten zu wollen, doch sei sie über die romantische Geste begeistert gewesen. „Es ist irgendwie der Moment, den du dir dein ganzes Leben lang vorstellst“, sagt Deegan. „Ich habe das in Filmen gesehen. Ich habe das in Büchern gelesen. Du willst dir diesen Moment nicht entgehen lassen.“

Die Menschen heiraten später

Und diese Tradition hat in den vergangenen 50 Jahren radikale Veränderungen im Heiratsverhalten in den USA überstanden. Die Menschen heiraten später, die Bräute stehen finanziell oft bereits auf eigenen Füßen. Es ist inzwischen normal, dass das Paar schon vor der Ehe zusammen lebt oder sogar Kinder bekommt. Männer machen Männern den Antrag, Frauen halten um die Hand einer Frau an – in einem Drittel der US-Staaten sind gleichgeschlechtliche Ehen legal.

Doch die herkömmliche Form des Antrags überwiegt weiterhin, auf Facebook und YouTube wurde sie sogar mit Flashmobs, Schnitzeljagden oder Anträgen beim Fallschirmspringen oder beim Schwimmen mit Delfinen zur öffentlichen Kunstform erhoben. Auch exotische Orte wie ein kalifornischer Strand oder der Eiffelturm sind gefragt.

Es gibt sogar kommerzielle „Antragsplaner“, die bei Bedarf Blumen, Musiker oder einen Videofilmer organisieren helfen. Ellie Pitts, eine Mitarbeiterin der Firma The Yes Girls aus Dallas, sagt, die Gruppe habe bereits mehr als 350 Anträge bearbeitet – fast alle von Männern.

Einige Kundinnen waren Lesben. Nur eine einzige Kundin wollte einem Mann den Antrag machen – einem Freund, dessen Antrag sie zu einem früheren Zeitpunkt abgelehnt hatte. „Wahrscheinlich braucht es dafür eine Frau mit viel Courage“, sagt Pitts, die selbst frisch verlobt ist. Den Antrag machte der Mann.

Frau riskiert bei Antrag viel Kritik

Eine Frau, die um die Hand des Mannes anhält, riskiere auch Kritik für ihre Kühnheit, sagt Katherine Parkin, Geschichtsdozentin an der Monmouth-Universität in New Jersey. Sie sehe wenig Ansätze, an der herkömmlichen Form des Antrags etwas zu ändern, obwohl sogar einige Prominente wie die Sängerin Britney Spears dies öffentlich getan hätten.

In der Umfrage war der Prozentsatz derjenigen, die angaben, sie hätten sich „in gegenseitigem Einvernehmen“ verlobt, unter vergleichsweise frisch verheirateten Paaren niedriger als unter länger verheirateten. Etwa ein Viertel derer, die seit mindestens 30 Jahren verheiratet sind, erklärten, der Schritt sei eine gemeinsame Entscheidung gewesen.

Bei Paaren, die in den vergangenen zehn Jahren heirateten, lag dieser Wert unter zehn Prozent. Und bei diesen jüngeren Ehen war es nach Angaben der Befragten zu 83 Prozent der Mann, der um die Hand seiner Zukünftigen anhielt.

Die Umfrage erfolgte Mitte Januar nach repräsentativen Kriterien unter 1060 Erwachsenen der US-Bevölkerung mit Hilfe von Online-Interviews. Die Fehlermarge liegt bei 3,9 Prozentpunkten.