Sex-Forschung in Neu-Ulm: Wie „50 Shades of Grey“ mit einem Schlag oder zwei das Leben im deutschen Schlafzimmer veränderte

Das Peitschendramolett „50 Shades of Grey“ hat die Aufmerksamkeit der mehr oder minder geneigten Öffentlichkeit auf erotische Praktiken gelenkt, die ein wenig jenseits der herkömmlichen ehelichen Freuden liegen, also dem, was in Fachkreisen „Vanille-Sex“ heißt. Doch diese Spielart ist keine Erfindung der globalisierten Neuzeit; seit Jahrtausenden schon gibt es Menschen, die immer zu Schmerzen aufgelegt waren. Im Geben wie im Nehmen. Denken wir an den ägyptischen Pharao Amenophis III., den Vater des berühmten Ketzerkönigs Echnaton. Er war leiblichen Genüssen aller Art zugetan. Zu seinem Hofstaat gehörte daher auch eine einschlägig versierte Dame, deren zielführender Name auf Inschriften als „Fräulein Peitschenschnur“ überliefert ist. Und Messalina, die verruchte römische Kaiserin, begab sich abends gern mal ins Rotlichtviertel, um dort zum Nachteil männlicher Kehrseiten tätlich zu werden. Aber wer nun nach großen Namen der SM-Geschichte googelt: Nein, der Herr Klopstock (1724–1803) war kein Dominus, sondern ganz im Gegenteil ein bedeutender Dichter der Empfindsamkeit.

„50 Shades of Grey“ hat nach Erkenntnis der Kommunikationswissenschaftlerin Sibylle Schulz die Unterschiede zwischen „normaler“ und „bizarrer“ Erotik verwischt und die Hemmschwelle gesenkt. Der Hype um Haue macht das Publikum lockerer; bei einer an der Hochschule Neu-Ulm veranstalteten Umfrage erfuhr Schulz, dass die Mehrheit derartiges „anregend“ findet. Erotikhändler haben ihre Bestände an Quälware in freudiger Erwartung verdoppelt und in Baumärkten werden bereits Mitarbeiter geschult, um den steigenden Anfragen nach SM-geeigneten Utensilien fachlich gewachsen zu sein. So sollte man rechtzeitig darauf hinweisen, dass sich Kabelbinder außerhalb von Guantanamo nicht wirklich bewährt haben.

Die Londoner Feuerwehr zum Beispiel bereitet sich auf eine steil steigende Zahl von Befreiungseinsätzen vor. Man sollte sich also immer schön merken, wohin man den Schlüssel für die Handschellen gelegt hat.