Im Lärm der Moderne haben wir bald kein Ohr mehr für die Geräusche der Natur, warnt ein US-Wissenschaftler

Schon wieder eine von diesen Hiobsbotschaften. US-Forscher haben festgestellt, dass der Lärmpegel vielerorts ständig zunimmt, was prekäre Folgen für die Sinneswahrnehmung hat. „Wir konditionieren uns selbst so, dass wir die Informationen, die in unsere Ohren kommen, nicht mehr wahrnehmen. Dieses Geschenk, mit dem wir geboren sind – Dinge zu hören, die Hunderte Meter weit weg sind, all diese unglaublichen Geräusche – ist in Gefahr, verloren zu gehen“, warnt der Wissenschaftler Kurt Fristrup von der US-Nationalpark-Behörde. Eine besondere Gefahr sieht er für die Naturgeräusche.

Niemand sehnt sich nach einer Welt, in der man ohne Wasserplätschern, Vogelzwitschern oder das Gekicher der Waldameisen auskommen müsste. Auslöser ist die Zivilisation, die ja eine Errungenschaft sein sollte, mit ihren Autos, Flugzeugen, dem Kopfhörerlärm oder Großraumbüros. Wat den een sien Uhl, ist den annern sien Nachtigall, wie man im Norden sagt. Aber die hört man dann ja nicht mehr.

„Perfect Sense“ heißt der Film von David Mackenzie, in dem die Bürger Glasgows einen Sinn nach dem anderen verlieren, was die Gesellschaft an den Rand der Auflösung treibt. Und was wäre das für eine Tristesse: Geräuschlose Regenschauer, keine Ohrwürmer mehr, auch der „Ohrenbär“ wäre vollkommen sinnlos. Wir würden wahrscheinlich verblöden, denn es hört ein jeder nur, was er versteht, wussten schon die Sprichwortschmiede.

Nicht, dass alle Naturgeräusche schön sind – man denke nur an die Blähungen der Kühe. Wir müssten wohl vieles neu bewerten. Wenn wir die Natur in Zukunft stumm schalten, wird der deutsche Wald wohl zu einem Raum der Stille. Wahrscheinlich werden wir immer autistischer und können am Ende nicht einmal mehr den eigenen Tinnitus hören? Damit müssten wir dann leben, und der Satz „Lieber ein Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ bekäme eine ganz neue Bedeutung.