Zum Höhepunkt des Karnevals gibt Hamburg sein Wahlergebnis bekannt – Spaßbremse statt Umzug

Der Karneval ist für Hamburger so etwas wie solide Haushaltsführung für Griechen – man fremdelt seit Menschengedenken. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1829 etwa war Hellas sechsmal pleite, die Hansestadt brachte es zugleich auf mehrere karnevaleske Pleiten; die jüngsten wie der Schlagermove oder LiLaBe richten bis heute stilistische Verheerungen an. Lustig ist das alles nicht. Als die Kanzlerin vor Kurzem die Karnevalisten der Republik ins Kanzleramt lud, reisten seltsam gewandete Menschen aus 15 Bundesländern nach Berlin. Nur ein Volksstamm verweigerte sich und arbeitet weiterhin humorlos an seinem Ruf, zum Lachen in den Keller zu gehen: der Hamburger.

Und als sei das nicht Beleg genug für die unverblümte Ablehnung des Faschingstreibens, setzt Hamburg noch eins drauf: Während die halbe Nation am 15. Februar schunkelt oder in Essig liegt, Büttenreden lauscht oder sich an neue Bekanntschaften schmiegt, regiert in der Hansestadt nur eins – die nüchterne Politik. Am karnevalesken Tulpensonntag sind alle Hamburgerinnen und Hamburger ins Lokal eingeladen – ins Wahllokal. Nur Narren bleiben in Hamburg zu Hause, während sie sonst allüberall auf die Straßen drängen.

Hamburg zelebriert sich als Spaßbremse am deutschlandweiten Faschingsumzug. Statt Kamelle gibt es olle Wahlkampf-Kamellen, statt Papp- Politikernasen, statt Karnevals- eben Gremiensitzungen. Bei so viel hanseatischer Heiterkeit dürfte der Sieger schon feststehen: Scholz, eine fleischgewordene Karnevals-Verneinung, die Antithese zu jedem Faschingsprinzen, schickt sich an zu triumphieren. Sein Programm ist der Gegenentwurf zum Karnevalsverein: „Verlässlichkeit“, „keine Experimente“, „Nüchternheit“, lautet seine Botschaft. Im Rheinland bliebe man so bei 0,0 Promille, in Hamburg darf man auf 45 Prozent hoffen. Aber auffallen wird das ohnehin keinem Jecken: Das amtliche Ergebnis der Hamburg-Wahl wird erst für Rosenmontag erwartet. Da feiert die halbe Republik auch ohne rotes Parteibuch.