Londons Massenblatt „The Sun“ will seinen nackten Mädels künftig etwas anziehen

Im April des Jahres 1970 ereignete sich in Großbritannien eine Katastrophe, von der sich das Land nie wieder richtig erholen sollte: Die Beatles trennten sich. Offenbar, um ein starkes Element des Trostes für das erschütterte Volk bereitzuhalten, entschloss sich das Londoner Massenblatt „The Sun“, künftig jeden Tag auf Seite 3 das Foto einer in wesentlichen Teilen unbekleideten jungen Dame abzudrucken.

Doch viereinhalb Jahrzehnte später ist der erbauliche Effekt verblasst; in beunruhigender Weise schwoll ein murrender Chor von GegnerInnen dieses medialen Rituals an, die selbiges als „sexistisch“ brandmarkten.

Die einzige grüne Unterhausabgeordnete Caroline Lucas, die einen Doktorgrad in Frauenforschung vorweisen kann, trug ihr „Keine Seite 3 mehr“-T-Shirt gar in der ehrwürdigen, fast 1000 Jahre alten Westminster Hall des Parlaments. Was bei Traditionalisten zu Schnappatmung führte.

Angesichts des emanzipatorischen Gegenwinds entschloss sich die „Sun“ nun zu einem dramatischen Schritt: Zwar schafft sie nicht, wie leichtfertig gefordert, die Seite 3 ab und ließ sogar steiflippig wissen, diese werde die geneigte Leserschaft auch weiterhin zwischen den Seiten zwei und vier zu finden wissen. Doch will man den dort vorgeführten Damen künftig ein kleines bisschen was überziehen. Der 83-jährige Verleger Rupert Murdoch schöpfte aus dem reichen Fundus seiner Lebenserfahrung, als er im fernen New York die zentrale Frage aufwarf: „Sind schöne Frauen nicht noch attraktiver, wenn sie wenigstens etwas anhaben?“ Den einschlägigen Anfang machte zu Wochenbeginn die schmollmündige Aktrice Rosie Huntington-Whiteley in Unterwäsche von Marks & Spencer.

Darob dennoch Enttäuschte werden diskret auf die Online-Ausgabe der „Sun“ verwiesen, wo man die nacktere Tradition offenbar hochhalten will. Und wie in Medienkreisen ventiliert wurde, will die Zeitung hurtig eine Wende von der Wende einleiten, sobald die Zahl der Leser stark sinken sollte.