Je weiter die Globalisierung fortschreitet und die Welt dadurch enger wird, umso marktschreierischer werden die Superlative, mit denen wir den nötigen Sprachlärm erzeugen zu müssen glauben. Alles ist megageil und supergalaktisch, aus dem „viel genannten“ wird der „meistgenannteste“, doppeltgemoppelt brüllt besser. Der Nürnberger Journalist Andreas Hock hat die Sprachsünden in seinem Buch „Über den Niedergang unserer Sprache“ (dass ich ein Vorwort dazu geschrieben habe, hindert mich nicht, das Buch zu erwähnen, da ich nicht an Verkauf und Gewinn beteiligt bin) auf die Goethe-Überschrift gebracht, indem er dem Olympier in den Mund schiebt: „Bin ich denn der Einzigste hier, wo Deutsch kann?“ Achten Sie mal drauf, wie „der Einzigste“ um sich greift, neben dem bestbezahltesten Manager oder Banker und dem meistgesuchtesten Verbrecher ist es das öftest gebräuchlichste Wort. Dabei kann man „einzig“ nicht und „oft“ nur bis zum „öfter“ steigern, obwohl schon die Liebenden der Romantik sich zu diesem Lob der unikaten Liebsten verstiegen haben. „Du meine Einzigste!“, konnte man damals schon die Geliebte anbeten, bevor man sie verließ und sich in Don-Giovanni-Register-Arien zur Tausendunddritten in die tausendundeinzigste Nacht flüchtete.

Die zweite Unart neben dem superlativsten Superlativ ist der falsche Nebensatz. „Bin ich denn der Einzigste hier, wo Deutsch kann?“ Oder, anderes Beispiel: „Meine Schwester hat ein Kind bekommen, der die das gemacht hat, hat sich aus dem Staub gemacht.“ Der Staub, aus dem man sich macht, ist ein archaischer Begriff, denn die Betten sind heute nicht mehr von Staub, sondern nur noch von Staubmilben bevölkert. Die konnten wir früher glücklicherweise nicht sehen. Und wie relativ Superlative sind, hat im letzten Jahrhundert der Schriftsteller Gerhard Zwerenz (weitestgehendst vergessen?) über seinen vielschreibendsten Kollegen Martin Walser gesagt: „Martin Walser“, so Zwerenz, „ist der größte lebende Dramatiker Deutschlands unter den Romanschreibern aus Wasserburg am Bodensee.“ Absturz vom Dichterolymp in die geografische Provinz. Was den Staub anlangt, so kann man sich nicht nur aus dem Staub machen, sondern auch Staub aufwirbeln. Und Hock führt für den Niedergang der Sprache Beispiele an: „Sie geht nieder, weil der ‚Coffee to go‘ nach Deutschland kam, (…) Fußballer zu sprechen begannen, (…) der Schlussverkauf zum ‚Sale‘ wurde.“

Ein schönes Spiel hat sich Hock ausgedacht, indem er völlig veraltete, ehrwürdige Wörter mit modernem Slang koppelt, zum Beispiel den „Dienstmann“. Und das klingt so: „Räum dein Scheiß selber auf, bin doch nicht dein Dienstmann!“ Oder „zuvörderst“: „Halt’s Maul, Alter, zuvörderst bin ich dran!“ Oder „Schmaus“: „Ey, nach dem Schmaus gestern hatte ich die ganze Nacht Sprühwurst.“ Muss ein megageiles, superkrasses Silvester gewesen sein, das, wie die Rechtschreibreform, „voll in die Hose“ ging.