Engel kommen uns weihnachtsmarktsicher in diesen stimmungsvollen Tagen ständig in die Quere. Mit Rausche-Locken, Walle-Gewand und oft einen Tick zu pummelig. Kein Wunder, bei dem Naschkramangebot in der Nachbarschaft. Aber die Pausbäckchen gehören zum Engel wie die Flügel. Dabei sind Archäologen jetzt sicher: Die ersten Engel hatten gar keine Flügel. Sie waren eher männlich, im kurzen, züchtigen Gewand und wurden mit Stab in der Hand abgebildet. Mehr entzaubertes Bodenpersonal als entrückte Himmelsflieger, „einfach Boten, die den Menschen Nachricht und Hilfe von Gott überbringen“, sagt Prof. Dr. Sabine Schrenk von der Abteilung Christliche Archäologie der Uni Bonn.

Wann der Engel Flügel bekam, zeigen Textilien aus der Spätantike. Der „Genesis-Wandbehang“ aus dem 4. Jahrhundert, datiert mit Radiokarbontechnik, ist „die älteste Engelsdarstellung mit Flügeln“, berichtet Katharina Neuser, Mitarbeiterin der Bonner Professorin. Seitdem blieben die Flügel am Körper. Und sogar im Gedächtnis all der Menschen, die mit Kirche nichts mehr im Sinn haben. Fast jeder Zweite glaubt an Engel, bezeugen Umfragen. Und die Gelben Engel mit ihren Pannenhelferautos sind da noch nicht mal mitgerechnet. Sind ja auch gerade flügellahm.

Vor zu großer Verehrung der Himmelsboten hatte Martin Luther schon gewarnt, der Engel nie infrage stellte. „Wo zwanzig Teufel sind, da sind auch hundert Engel“, meinte er und dachte bestimmt an geflügelte Exemplare. Engel-Esoteriker von heute berufen sich auf die Urform und beharren darauf, Engel seien flügellos. In Wahrheit schwebe da eine Aura, die rundum leuchte. Das sieht doch wieder gleich aus wie auf dem Weihnachtsmarkt.