Das bringt uns auf die Palme: In der Grünkohl-Hauptstadt Oldenburg gibt es das Gemüse jetzt auch als Kuchen und Praline

In der kalten Jahreszeit sehnen sich die Deutschen nach Palmen. Nach der Ostfriesischen Palme etwa oder der Oldenburger. Das ist ein ganz ausgekochter Tipp, den man in keinem Reiseportal findet, dafür aber in einschlägigen Kochforen. Diese empfehlen den Gourmets ebenso wie den Gourmands Grünkohl, das krause Gemüse aus der Familie der Kreuzblütengewächse.

Die Zeitschrift „Brigitte“, ein Fachblatt für Leichtverdauliches, spürte investigativ im Grünkohl „Superkräfte“ auf. Er soll sogar vor Krebs schützen. Aber noch viel wichtiger: „Vegetarierinnen und Veganer, glutenfreie, organische oder laktosefreie Esser – alle können ihn ohne ethische oder gesundheitliche Probleme verzehren.“ Dass Grünkohl, in Schmalz angebraten, erst mit deftiger Kochwurst oder gehaltvoller Pinkel, einer Gänsekeule und einem satten Stück geräucherter Schweinebacke sowie karamellisierten Bratkartoffeln wirklich schmeckt, wird als Kohllateralschaden für das Image des Gemüses abgetan. Die Empfehlung lautet vielmehr, Chips aus getrocknetem Grünkohl als gesunde Knabberalternative zu knuspern oder die Kohlblätter als Pesto weich zu rühren oder einen Smoothie zu mixen. Woher aber sollen dann die Kalorien kommen, wenn der Grünkohl selbst kaum welche hat?

In den südlichen Bundesländern führt Grünkohl allenfalls ein Naschendasein. Es ist deshalb auch nicht gerechtfertigt, Bayern oder Baden-Württemberg als Kohlonien des Nordens zu betrachten. Doch dem Grünkohl, diesem wunderbaren Nahrungs- und Geruchsmittel, ist kein Sauerkraut gewachsen. Grünkohl ist eine Wissenschaft für sich. Oldenburg, die ansonsten weithin unbekannte Stadt der Hochkohltur, bietet ein Onlinestudium für angehende Grünkohlakademiker. Es lohnt sich, die Kohloquien zu besuchen. Dort erfährt der Genießer, dass es Grünkohl auch als Aufstrich und als Kuchen gibt. Ein Oldenburger Konditor hat sogar Pralinen mit Grünkohlfüllung kreiert. Ein Schuss Korn ist in jeder Praline bereits enthalten. Denn Schnaps braucht man beim Grünkohlessen zum Runterspülen.