Vor 125 Jahren wurde in den USA die Musikbox erfunden. In Deutschland lieferte sie den Soundtrack zum Wirtschaftswunder. Ein Abgesang

Irgendwann haben sie alle Geburtstag, das geht meinem gerade volljährig gewordenen Kollegen Mischke auch nicht anders als der Musikbox, die in diesem Monat 125 Jahre auf ihrem Lackbuckel hat. Stethoskopähnlich sollen damals 1889 die ersten Kopfhörer ausgesehen haben. Die Menschen waren von dieser Erfindung begeistert, die nur zwölf Jahre, nachdem Thomas Alva Edison den Phonographen erfunden hatte, auf den Markt kam. Endlich war die Musik ständig abrufbar, „on demand“, wie es im Digitaldeutsch heißt.

Drei Viertel aller gepressten Schallplatten wurden in den USA Mitte des vergangenen Jahrhunderts an die dort Jukebox genannten Geräte verfüttert. Nur ein Viertel lag auf den heimischen Plattenspielern. „Juke“ nannte man Spelunken im Südosten der USA und die Kneipen der Afroamerikaner. Aber auch zum deutschen Wirtschaftswunder-Soundtrack wurde gern gedrückt.

Musikboxen sind nicht nur laut, sondern auch bunt, manche sogar sehr ansehnlich und Sammlerobjekte, es wurden schon sechsstellige Summen erzielt. Eine berühmte Musikbox-Baureihe trägt den Namen eines Mannes, der aus Sachsen in die USA auswanderte. Dort handelte Franz Rudolph Wurlitzer mit Instrumenten, sein Sohn Farny erwarb nach dem Tod des Vaters ein Musikbox-Patent. Die deutsche Tochterfirma nahm ihre Musikautomaten 2013 aus dem Programm, sie liefert nur noch Ersatzteile. Ansonsten ist ein Wurlitzer heute eher ein Zigaretten-, Spiral- oder Heißgetränkeautomat.

Man hat zwar versucht, sie mit CDs oder MP3 wieder zu beleben, aber die Ära dieser Technologie ist vorbei. Zeiten ändern sich, das haben auch das Telefon mit Wählscheibe und die Schreibmaschine erfahren müssen. Die USA haben die Musikbox auf einer Briefmarke verewigt. Ein Abgesang wäre angebrachter gewesen. Einige haben es immerhin versucht: Foreigner („Juke Box Hero“), The Kinks („Juke Box Music“ ), sogar Heinz Erhardt („Die Musikbox“).