Kometen – das waren für Menschen durch Jahrtausende Boten des Unglücks, Untergangs, der Naturkatastrophen. Also Vorzeichen von Sintflut und Sodom und Gomorrha.

Es ist kein Zufall, dass das große Weltuntergangslied des Biedermeiers, nachdem die Welt wieder einmal aus den Fugen schien, das „Kometenlied“ war. Nestroy hat es geschrieben, und es geht so: „Es ist kein Ordnung mehr jetzt in die Stern, / D’ Kometen müssten sonst verboten wer’n; / Ein Komet reist ohne Unterlaß, um am Firmament und hat kein’ Pass. / Und jetzt richt’t so a Vagabund uns die Welt bei Butz und Stingel z’Grund“ („bei Butz und Stingel“ gleich „mit Strunk und Stiel“). Und der Refrain dieses Liedes: „Da wird einem halt angst und bang, die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang.“

Inzwischen hat die Welt dieses Kometenlied fast 200 Jahre überlebt. Und statt dass uns die Kometen Unheil verkünden, rücken wir ihnen mit einem kühlschrankgroßen Gerät überfallartig auf die Pelle. Und siehe da, es ereignet sich dasselbe wie in Nestroys Kometenstück „Lumpazivagabundus oder das liederliche Kleeblatt“. Das liederliche Kleeblatt sind drei Handwerker, die den drohenden Weltuntergang dazu benutzen, das nahe Zukunftsende zu versaufen, zu verspielen und zu verhuren. Nicht einmal eine Unsumme Geld bringt sie davon ab.

Ach ja, und wie sich die Bilder gleichen. Auch diesmal droht der Komet – mit dem schrecklichen Namen „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ – wieder an liederlicher Handwerkerei zugrunde zu gehen. Wir kennen das, wenn Handwerker einen neuen Kühlschrank bringen. Anstatt sich richtig im Boden zu verankern, ist er nach zwei Hüpfern in einem zerklüfteten Gelände niedergegangen. Noch dazu im Schatten, wo er kaum Sonnenlicht erhält, das er zur Stromerzeugung und Bildübertragung braucht. Auch kann in dem Kometenboden nicht gebohrt werden, es ist zu sandig und rutschig. Die Forscher fürchten, dass dann der Kühlschrank umkippt. Schlampige Arbeit? Und dies für immerhin 1,3 Milliarden Euro Anfahrtskosten und eine Anfahrtszeit von zehn Jahren. Wer glaubt schon, dass die Bilder wirklich aus einer halben Milliarde Kilometern Entfernung übertragen werden – wo mein Internet schon zwischen Küche und Wohnzimmer scheitert?! Immerhin gibt die Weltraumbehörde zu, dass die Bilder eine halbe Stunde brauchen. Wir kennen das von Auslandskorrespondenten in Peking oder Washington, die nach der Frage von der „Tagesschau“ erst eine Weile blöde ins Nichts hören, bevor sie mit Verzögerung zur Antwort ansetzen. Dabei wollen wir von dem Kühlschrank nur eins wissen: Gibt es auf dem Kometen Wasser und hat vielleicht ein Kometenbruder die Erde erstmals mit Wasser versorgt? Keine Antwort. Stattdessen bald ein schwarzes Loch? So sind halt Handwerker, leider auch im All!

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt