Gegen den Strom: Eine Hommage an all jene, die den Mauerfall wirklich vorbereitet haben

Michael Kleeberg, der gerade seinen zweiten großartigen Hamburg- und Gesellschafts-Roman, „Vaterjahre“, geschrieben hat, mit geduldigem Abstand zum ersten, dem Porträt eines herrlich scheiternden Machos, den er „Karlmann“ nennt, Kleeberg also ist keiner, der laut auf die Pauke haut, auch nicht zum Jahrestag des Mauerfalls. Jetzt hat er, eher an versteckter Stelle, im Literaturteil der „Süddeutschen Zeitung“, das Buch des ehemaligen DDR-Intellektuellen Marko Martin, „Treffpunkt ’89“, besprochen, das in einem abgelegenen Verlag (Wehrhahn in Hannover) erschienen ist. Und das Kleebergs Meinung nach wert wäre, als wichtiger Beitrag zum Wende-Ereignis von 1989 von vielen wahrgenommen zu werden.

Es ist offenbar ein Buch gegen den großen Strom, der Strom, auf dem er gegen die Lauten, Lärmenden, die immer als Fettauge auf der Suppe mitschwimmen (wenn das schiefe Bild erlaubt ist), dafür die anderen Wichtigen, stets in linker Acht und Mainstream-Bann stehenden Verachteten anführt. Es ist also offenbar ein Buch gegen die „angemaßte Autorität realitätsfern schwadronierender Mandarine“ von 1989 wie Walter Jens und Jürgen Habermas und zeigt „wenig Duldsamkeit für den aalglatten Opportunismus schlauer, bestens integrierter Wendehälse wie Gregor Gysi oder die aus schwiemeligem Blick und faktischer Ahnungslosigkeit kommenden Halbheiten der Mater dolorosa der DDR, Christa Wolf“.

Auch Günter Grass, der der „kommoden Diktatur“ der DDR schmeichelte, oder Bernt Engelmann kommen nicht gut weg. Stattdessen der „als CIA-Mann“ geschmähte Melvin Lasky, der damals verachtete Reiner Kunze und der in den Tod getriebene Jürgen Fuchs, die tschechischen Oppositionellen wie Václav Havel und Fürst Schwarzenberg, die Verdienste der US-Präsidenten, des viel geschmähten Ronald Reagan und des Deutschland vertrauenden ersten George Bush, oder auch die „Renegaten“ Arthur Koestler und Manès Sperber. Mir, ich muss es sagen, ist diese Liste von Kleeberg aus der Seele geschrieben. Sie ließe sich ergänzen durch Vorläufer wie Albert Camus und Hans Sahl zum Beispiel. Sie sollte nicht in abgelegener Stille neben dem großen Feierlärm verhallen.

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt