Von allen Erfindungen eine der sinnvollsten: Am Stephansplatz stand 1922 die erste Lichtsignalanlage

Es gibt Erfindungen, die braucht kein Mensch: die Käsezigarette, die Doppelpfeife (kann von zwei Rauchern gleichzeitig benutzt werden) und ganz sicher die Glatzenbürste. Auf den ersten Blick muss auch die quadratische Wassermelone in diese Liste aufgenommen werden. Sie ist allerdings gezüchtet worden, um den Transport zu erleichtern, was die Nutzlosigkeit der Erfindung etwas abschwächt. Und es gibt Erfindungen, auf die hat die Welt gewartet: Auto, Glühbirne, Handy. Auch die Bananenflanke des früheren HSV-Profis Manni Kaltz gehört dazu. Oder die Einparkhilfe – für die Hälfte der Verkehrsteilnehmer.

Genau vor 100 Jahren war es, als Garrett Morgan in Cleveland, Ohio, am Straßenrand stand und Zeuge einer Kollision zwischen einem Automobil und einer Pferdekutsche wurde.

Garrett war das siebte von elf Kindern, seine Eltern waren befreite Sklaven. Mit 14 Jahren zog er nach Cincinatti und arbeitete für einen reichen Bürger. Vier Jahre später wurde er Nähmaschinenmechaniker in Cleveland, eröffnete eine eigene Schneiderei und hatte im Nu 32 Angestellte. Damit die tackernden Nadeln den Stoff nicht ansengen konnten, erfand Garrett eher zufällig ein Haarglättungsmittel. Auch die Gasmaske hat er entwickelt und damit im Juni 1916 mehrere Arbeiter gerettet, die bei einer Gasexplosion in einem Tunnel unter dem Eriesee verschüttet waren. Und als es an der Straßenkreuzung krachte, muss ihm ein Licht aufgegangen sein – er erfand die Verkehrsampel.

Am Stephansplatz in Hamburg stand 1922 die erste deutsche Lichtsignalanlage. Und auch wenn mancher Autofahrer nachts um drei an einer gottverlassenen Kreuzung den höheren Sinn des roten Lichts in Zweifel zieht, ist ein (Zusammen-)Leben ohne Rot, Gelb, Grün nicht wirklich darstellbar.

Kurz vor seinem Tod im Alter von 86 Jahren machte Garrett seine letzte Erfindung: die selbstlöschende Zigarette. Sicher kein Knüller. Aber allemal besser als eine Käsezigarette.