Über allen Wipfeln ist Ruh? Von wegen! Französische Wissenschaftler enträtseln die Sprache des Waldes

Der Aufschrei ist groß. Sonne! Hitze! Durst! Deshalb rufen Bäume im Sommer vermehrt um Hilfe. Sie erflehen Wasser. Dabei geben sie Laute von sich, die bei Menschen auf taube Ohren stoßen. Dendrophoniker behaupten: „Man hört den Wald vor lauten Bäumen nicht.“ Doch vermuten sie schon seit langer Zeit, dass Bäume wissen, was zum guten Ton gehört – denn sonst hätte man den Film „Und ewig singen die Wälder“ nicht gedreht.

Wissenschaftler aus Grenoble enträtseln jetzt Sprache und Melodie der Bäume. Ein Blasenleiden hat sie auf die Spur gebracht. Bei Trockenheit sorgen Bläschen für eine Störung in der Wasserleitung und lösen Ultraschallalarm in unterschiedlichen Frequenzen aus. Überraschend ist das Aufbäumen der Bäume nicht. Ausgedörrtes Holz, das in Geigen wieder aufersteht, verbreitet ebenfalls einen klagenden, seufzenden und wimmernden Klang. Erste Tonsetzer kopieren bereits die Symphonien von Eiche, Linde und Tannenbaum. Peter Graus aus Klagenfurt, der Udo Jürgens des Liederwalds, schloss eine Art EKG, wie man es vom Arzt kennt, an Fichten an. Die mitgeschnittene Musik klingt wie Frühlingserwachen und Glockenklang des Wachstums. Das kann jeder zu Hause gut nachempfinden, der Bonsai für einen mp3-Baum hält und ihn über seine Musikanlage abspielt.

Baumtöne lassen sich zwar aufzeichnen, was Geheimdienste schon deshalb tun, um konspirative Treffen terrorverdächtiger Obstbäume aufzuspüren. Die Kommunikation mit dem Grün ist aber zurzeit noch recht einseitig. Immer wieder versuchen Menschen, auf Pflanzen einzureden, anstatt ihnen Wasser zu spenden. Das hat Folgen, sogar für die Monarchie. In einer Jugendsünde sprach ein Prinz zu wunderschönen Gewächsen, allerdings in einem blütenreinen Englisch und nicht in einer blumigen Sprache. Die Botanik verstand den Thronfolger nicht. Die Queen auch nicht. Weshalb so manche Blume den Kopf hängen ließ. Und der Prinz nicht König werden durfte.