Jetzt werden an Universitäten schon Wissenschaftler ausgezeichnet, die Fehler finden

Eigenlob stinkt. So sagt es jedenfalls der Volksmund. Die Universität Düsseldorf aber ficht das nicht an. Der Rektor der Universität hat sich selbst und zwei seiner Professoren soeben zum Ende des Semesters eine Medaille für „beispielhafte akademische Zivilcourage“ überreicht. Worin haben die Professoren, zusammen mit ihrem Rektor, der sie jetzt ehrte, beispielhaften Mut bewiesen?

Sie haben Frau Schavan in einem langen, gründlichen Verfahren die Doktorwürde aberkannt, die ihr Jahrzehnte zuvor verliehen worden war. Normalerweise ist das ein Routinevorgang an einer Uni. Jemand rügt eine Doktorarbeit wegen Plagiatsverdachts, dann tritt eine Kommission zusammen und überprüft die Vorwürfe. Erweisen sie sich als richtig, wird der Doktor aberkannt, Punkt, aus, fertig. So war es bei anderen Universitäten, beispielsweise bei Verteidigungsminister Guttenberg in Regensburg und bei FDP-Frau Koch-Mehrin in Heidelberg. In Düsseldorf stand eine andere Doktorin vor der Aberkennung, Annette Schavan. Schavan wehrte sich mit Händen und Füßen und setzte Himmel und Hölle in Bewegung. Schließlich stand ihr Ruf als Bildungsministerin Deutschlands auf dem Spiel. Und so mischten sich in das Düsseldorfer Verfahren viele Koryphäen von außen ein.

Hohe Namen wissenschaftlicher Institute, sie alle griffen ein. Ungewöhnlich: Eine Allianz von zehn großen Wissenschaftsorganisationen versuchte, den Gang des Aberkennungsverfahrens zu beeinflussen, indem sie Düsseldorf vorwarf, dieses Verfahren sei eine „Schande für die Universität“. Der frühere Präsident der Humboldt-Universität beispielsweise sagte, er habe Schavans Arbeit „mehrfach gelesen“, sie sei „plagiatsfrei“.

Wohlgemut und trotzig zog also die Ministerin vor den Richter. Allerdings bescheinigte ihr das Landesgericht, sie habe in ihrer Doktorarbeit „arglistig getäuscht“, die Aberkennung sei zu Recht erfolgt, 60, in Worten: sechzig Plagiate seien in der Arbeit gefunden worden. Die Ministerin musste gehen, der Fall schien beendigt.

Bis jetzt der Rektor und die Professoren in Düsseldorf sich selbst zu ihrem Durchhaltemut gratulierten, weil sie sich getraut hatten, das als gefälscht zu benennen, was gefälscht war. Es ist, als ob Düsseldorf gegen die heftigen Schavan-Verteidiger immer noch um seine Ehre kämpft.

Schavan ist inzwischen ohne akademische Voraussetzung Botschafterin beim Vatikan. Losgetreten hatte sie ihre Ent-Doktorung, wir erinnern uns, durch ihr Fremdschämen für den stürzenden Doktor Guttenberg. Inzwischen kann sie sich in Rom aufrechten Hauptes für sich selbst schämen.

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt