Die Uni Heraklion kann nicht irren: In einem See auf Kreta lebt ein Krokodil. Und die Tourismusbehörde findet: Warum eigentlich nicht?

Mit Nessi, dem schottischen Seeungeheuer, verbindet Krokodil Sifis bisher nur eine feuchte Umgebung. Nessi hat sich leider angewöhnt, erst nach mindestens fünf Scotchs aufzutauchen, was angesichts der ersten Sichtung Anno Domini 565 von einer erstaunlichen Whiskytradition zeugt. In Griechenland ist das nicht Ouzo. Während die Schotten seit Jahrhunderten standfest mit hiebfesten Beweisen für Nessis nüchterne Existenz geizen, verstrich in Hellas zwischen der Parole „Kreta sucht ein Krokodil“ und der an europäische Kontrollfreaks adressierten Erfolgsmeldung nur eine Zeitspanne, die nicht einmal für einen hektischen Kurzurlaub gereicht hätte.

Schon gibt es gesicherte Videobelege für Sifis (ist Griechisch und bedeutet Josef). Das Sommerlochtier gibt es also wirklich. Experten der Universität Heraklion grübeln nur noch, ob (und wie) das Reptil gefangen werden soll. Auch der im Land allgegenwärtige Katastrophenschutz darf mitreden. Nur der Chef der örtlichen Verkehrs- und Stauseenbehörde ziert sich: „Wir überlegen, ob das Tier bleibt. Es scheint sich akklimatisiert zu haben.“ Die Vor- und Nachteile einer Sperrzone um den größten Teil des zwölf Kilometer langen Seeufers müssten sorgfältig bedacht werden. Einem heimischen Zoo will man das Reptil aber keinesfalls anvertrauen. Zu traurig stimmen Fernsehbilder aus deren Gehegen. Warum auch aus dem Kroko einen Kostgänger machen? Sifi kann sein Fressen schließlich selbst verdienen. Rund um den See tummeln sich Schaulustige. Läden verkaufen Kroko-Andenken. Cafés und Tavernen sind gut im Geschäft.

Dank sei dem Vorbesitzer, der Sifi vermutlich als Jungtier zu sich holte und den Racker aussetzte, als er unbequem wurde. Ohne ihn hätte sich das Sommerloch 2014 ohne gewohntes Tier aufgetan. So aber dürfen wir Sifis in einem Atemzug nennen mit der Killerschildkröte Lotto (2013) aus dem Allgäu, dem Krokodil Klausi (2012) aus der Oberpfalz und der verrückten Ausreißerkuh Yvonne (2011) aus Niederbayern. Ach, wie schön sind unsere Sommer! Und wie verlässlich dreht jedes Jahr die Tierwelt durch.