Die Deutschen lassen es sprießen. Vom Aufbäumen der Männlichkeit in Zeiten der Frauenparkplätze

Vor ein paar Jahren war der Trend noch eindeutig: Die Haare wanderten vom Kopf ins (Männer-) Gesicht, vor allem in den kreativen Berufen. Viele Frauen mussten sich daran erst gewöhnen. Inzwischen gibt es einen leisen So-wohl-als-auch-Trend: Kurzhaarfrisur zum Dreitagebart. Dass der sich auch mental durchgesetzt hat, beweist jetzt eine Umfrage der GfK-Marktforschung im Auftrag der Partnerbörse FriendScout24: Demnach findet der Dreitagebart mit 42 Prozent die größte Zustimmung der Deutschen. Der Schnurrbart bringt es mit 20 Prozent nur auf Platz zwei, weit abgeschlagen mit jeweils zwölf Prozent folgen der Vollbart und der Henriquatre – das ist ein Bart rund um den Mund, im Volksmund auch Gewerkschafter- oder Försterbart. Den Kinnbart, eine Zeitlang bei DJs sehr beliebt, finden sogar nur fünf Prozent der Befragten sexy.

Über die Verbreitung des Dreitagebarts wird viel spekuliert. Seine Träger behaupten gern, er spare die Zeit der täglichen Rasur, so als würden sie von den überbordend sprießenden Beweisen der Männlichkeit quasi bepelzt. Das ist natürlich Blödsinn. Erstens kann es je nach Bartwachstum auch fünf bis zehn Tage dauern, bis Kinn und Oberlippe hinreichend von Stoppeln bedeckt sind. Zweitens braucht ein Dreitagebart viel mehr Pflege als ein Schnurr- oder Vollbart, damit er ein Dreitagebart bleibt und den Eindruck einer gewissen urbanen Verwegenheit erzeugt.

Bärte haben viel mehr mit Moden zu tun, als ihre Besitzer zugeben mögen. Soziologen halten den Dreitagebart für „das letzte Aufbäumen des Y-Chromosoms“ in einer Zeit der Frauenparkplätze und Bundeswehr-Kitas. Vor 100 Jahren waren Koteletten- und Backenbärte ein Zeichen der Loyalität mit dem Kaiser. Hemingway-Backenbärte sind immer noch ein Segler-Attribut wie in dem Shanty „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren / müssen Männer mit Bärten sein“. Den Schnurrbart von TV-Koch Johann Lafer akzeptiert man als nostalgisches österreichisches Schmankerl, den langen Kinnfussel von Szenekoch Ralf Zacherl als Freestyle. Männer tragen Frisuren eben im Gesicht – sie müssen nur auf die Nasenlöcher aufpassen.