Wer in Stuttgart beim Kellner Kaffee mit höflichen Worten bestellt, muss weniger bezahlen

Es gibt einen deutschen Jacobs-Weg: draußen nur Kännchen. Dieser aromatische Service ist heutzutage eigentlich kalter Kaffee, verduftet aber offenbar nie. Mit einem Schwabenstreich ist es neuerdings aber möglich, volle Kanne Geld zu sparen. Ein Stuttgarter Gastronom, der wo womöglich alles kann außer Hochdeutsch, gibt abgebrüht rund 70 Prozent Rabatt auf seinen Kaffee. Den bekommen aber nur ausgesprochen nette Gäste. Sie müssen zuvor diesen Kaffeesatz gelesen haben: Wer mürrisch „Kaffee“ in den Raum raunzt, zahlt sieben Euro, wer dagegen fröhlich flötet: „Guten Tag, ich hätte gern einen Kaffee“, zahlt nur zwei Euro.

Höflichkeit ist ein Kapital, das sich also deutlich besser verzinst als Geld auf dem Sparbuch. So gewinnt der Kaffeetrinker mit wenig Euro viel Kaufkraft. Obwohl Freundlichkeit nichts kostet, leisten sie sich erstaunlich viele Menschen viel zu selten.

Am besten ist das im Supermarkt zu beobachten. Wird eine neue Kasse geöffnet, schießen plötzlich Einkaufswagen wie Formel-1-Rennwagen an Menschenschlangen vorbei. Es geht um nicht weniger als die Kassenpoleposition. So kann Harry endlich mal den Wagen vorfahren und auf Vettel im Viertel machen.

Die Deutsche Knigge Gesellschaft fordert bereits strengere Regeln im Umgang miteinander. Die Umgangsformer sprachen sich in einem ersten Schritt für ein Popcorn-Verbot in Kinos aus, was sofort zu Zähneknirschen führte. In den Bußgeldkatalog für Unhöflichkeiten sollen weitere Tatbestände aufgenommen werden. Dazu gehören etwa laute Handygespräche in öffentlichen Verkehrsmitteln, es sei denn, sie haben für die Zuhörer einen hohen Unterhaltungswert.

Rücksichtsvolle Autofahrer, die keinen Stinkefinger zeigen, können dagegen Höflichkeitspunkte sammeln. Die wirken wie ein Schadenfreiheitsrabatt. Wem wie viele Punkte gutgeschrieben werden, entscheidet der ADAC nach Gutdünken. Er hat die größte Erfahrung, wenn es um die Beleidigung von Autofahrern geht.