Bei einer Spezialität aus Ostdeutschland dürfen die Milben mitgegessen werden

Den Chinesen wird nachgesagt, dass sie alles essen, was sich in der Luft, auf dem Land oder im Wasser bewegt. Ausgenommen Flugzeuge, Panzer und U-Boote – weil es für die noch keine passenden Marinaden gibt. Natürlich stehen auch Insekten auf dem Speiseplan. Und doch sind die Ostasiaten nicht ganz allein mit dieser ausgefallenen Menüliste auf der großen weiten Welt. Auch durch das kleine sachsen-anhaltinische Dorf Würchwitz nahe dem Länderdreieck zu Sachsen und Thüringen weht ein Hauch von Dschungelcamp: Seit dem Mittelalter wird hier der Milbenkäse kultiviert. Eine Spezialität, die es sonst nur noch im benachbarten ostthüringischen Altenburg gibt. Seinen Namen trägt der Käse nicht umsonst: Er ist mit einer dicken Schicht braunen Mehls bedeckt. Legt man etwas Mehl unter ein Mikroskop, dann wird es lebendig: Dutzende gut erkennbare Spinnentiere krabbeln herum. Milben eben. 500.000 dieser 0,3 Millimeter kleinen Tierchen befinden sich an einem Käse. Sie knabbern die Laiber an – und fermentieren so das Milchprodukt. Damit sie es nicht ganz auffressen, werden sie zusätzlich mit Roggenmehl gefüttert. Zwischen einem halben und einem ganzen Jahr dauert es, bis der Käse in einer Holztruhe gereift ist. Am besten soll er mit den Milben schmecken. Wem das nicht geheuer ist, der sei daran erinnert, dass deren Arbeit beim Käse sonst von Bakterien oder Schimmelpilzen übernommen wird.

Im Übrigen ist es nicht so, dass Asiaten bei der Nahrungsaufnahme vor gar nichts zurückschreckten. Auch sie haben ihre Schmerzgrenzen. Etwa wenn es um den Verzehr rohen Fleisches in Form eines klassischen Tartars vervollkommnet mit einem ebenso rohen Hühnerei geht. Derartige Speisen können in den Tropen schnell letal wirken. Entsprechend entsetzte Blicke kann man dort beim genüsslichen Verzehr des Klassikers aus dem niederländischen Kulturkreis ernten.

Exoten sind eben immer nur die anderen.