„Zurückbleiben, bitte“ war einmal – reine Zeitverschwendung. Aber wohin mit den ersparten Sekunden?

Die Hamburger Hochbahn hat eine fortschrittliche Idee. Es geht um Rückschritt. Die Durchsage „Zurückbleiben, bitte“ wird an diesem Montag abgeschafft. Diese auf den ersten Blick unterirdische Maßnahme gilt auch auf oberirdischen U-Bahnhöfen. Sie ist als Abwehr gegen Fahrgäste gedacht, weil es mittlerweile zu viele davon gibt.

Nun knallt die Hochbahn den Kunden ohne Ankündigung die Türen vor der Nase zu. Es drohen zwar Verletzungen und Quetschungen, aber der Türschließungsprozess verkürzt sich erheblich. Bis zu 3,5 Sekunden pro Haltestelle werden eingespart.

Die Zeitraffer der Hochbahn ermittelten allein zwischen Niendorf-Nord und Ohlstedt locker zwei Minuten Zeitersparnis. Jetzt grübeln die Experten, wo sie mit der Zeit bleiben sollen. Es ist einer der vielen Versuche, Zeit zu gewinnen. Man kann sogar damit handeln.

Im Internet gibt es Zeitbörsen. Offenbar haben einige Menschen zu viel Zeit und wollen sie loswerden. Das Problem ist wie beim Strom die Speicherung. Als es noch kein Internet gab, haben sie die Zeit einfach totgeschlagen. Das entsprach seinerzeit dem Zeitgeist, gilt aber heute als kriminell. Auch vor Betrug wird gewarnt: In „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ wird Zeitverschwendung als Hochzeit verkauft. Ein Uhrknall für eine neue Zeitrechnung kam vor geraumer Zeit sogar aus Moskau.

Ganz gegen das russische Sprichwort „Zeit ist Geld, aber Zeit ist nicht käuflich“ bietet das Café Zifferblatt Kaffee, Tee und Kekse kostenlos an. Nur für die Zeit, die Gäste in dem Café verbringen, müssen sie bezahlen. Eine Minute abwarten und Tee trinken wird mit umgerechnet vier Cent berechnet. Eine ganze Stunde voller Kaffeegenuss, bis der Arzt kommt, kostet ebenso 2,40 Euro. Das bezahlt man hier in Hamburg schon für einen Becher. Und wer einen gut gehenden („to go“) Latte verlangt, zeigt ohnehin an, dass ihn etwas Zeit im Coffeeshop nicht die Bohne interessiert. Da hilft es dann auch nicht, wenn die Verkäuferin flötet: „Zurückbleiben, bitte.“