Wenn sich die Sprache streckt und bläht. Ein Füllwort wird zum Peter Maffay unter den Adverbien

Mode kann man sozusagen auch wörtlich nehmen. Es gibt nämlich verbale Saisonartikel, die nur für kurze Zeit angesagt sind. One-Hit-Wörter sozusagen. „GroKo“, das Wort des Jahres, ist so eines. Auch „Babo“, was sozusagen „Chef“ bedeutet und zum Jugendwort des Jahres gekürt wurde, gehört dazu. Alles Kunst(be)griffe, die sozusagen schon out sind, bevor sie in aller Munde waren. Andererseits gibt es die auffällig unauffälligen Wörtchen, die sich über Jahrzehnte ganz oben halten im kollektiven Vokabular und sozusagen Generationen verbinden. Wie das Füllwörtchen „sozusagen“, der Peter Maffay unter den Adverbien: extrem beliebt, tritt sozusagen andauernd irgendwo auf. Auch gern siebenmal in einem Textbein, wie in diesem Artikel.

Ja, hören Sie Ihren Freunden ausnahmsweise mal genau zu, also zählen Sie sozusagen mit! Sie werden überrascht sein. Oder latent enerviert. Nicht umsonst häuft sich in Internet-Ratgeberportalen die Frage, wie man „szsgn“-Fundamentalisten höflich auf Diät setzt und die Füllung aus deren Sätzen streicht. Doch „sozusagen“ hält sich hartnäckig. Sozusagen ist gewissermaßen das neue Quasi. Und schon ist das Trio infernal der überflüssigen Blähwörter perfekt; „quasi“ ist fast schon wieder retro-chic, wird gern von jenen in den Mund genommen, die das Latinum haben und die finden, dass „sozusagen“ eine sich daran anschließende Metapher nur unzureichend anmoderiert. Quasi ist sozusagen stärker und dann vor allem auch kürzer als das immer etwas beamtisch klingende „gewissermaßen“, das allerdings auch von der Autorin dieser Zeilen überaus geschätzt wird. Insbesondere, wenn es gilt, einen Text kurz mal zu verlängern.

Die Frage bleibt also: Muss man sich als Sozusagen-Sager schämen? Nein, der Gebrauch von verbalen Streckmitteln ist längst gesellschaftlich anerkannt, sozusagen eine sprachliche Volkskrankheit, gegen die schon Johann Wolfgang von Goethe nicht immun gewesen sein soll.

Insofern: alles gut. Sozusagen.