Ein amerikanisches Geschäftsmodell macht allen Hoffnung, die zu Hause auf Entzug gesetzt werden

„Komm kuscheln!“ Sie kennen das. Eigentlich möchte man nur die Füße hochlegen, vielleicht noch etwas trinken und irgendwas Sinnfreies im Fernsehen gucken. Aber nein, die bessere Hälfte hat anderes vor. Körperliche Nähe steht auf dem Plan, und zwar jetzt sofort und mit noch nicht definierter Dauer. Die Fernbedienung liegt in unerreichbarer Ferne, der Rohkostteller beginnt welk, die Weißwein-Schorle zur Weißwein-Schal-e zu werden. Das ist doch kein Zustand.

Aber es hilft ja nichts. Wenn man die Zuneigungsbekundungen verweigert, ist der Göttergatte wieder für den Rest der Woche eingeschnappt, bringt den Müll nicht runter, räumt sein Zimmer nicht auf und ist auch ansonsten zu kaum etwas zu gebrauchen. Also fügt frau sich in ihr Schicksal, krault gelangweilt vor sich hin und versucht, „Bärchens“ Glückshormonspiegel mit Schokolade auf die Sprünge zu helfen.

Der Blick der Kuschelallergikerinnen richtet sich dieser Tage neiderfüllt nach Madison. In der Stadt im US-Bundesstaat Wisconsin hat Matthew Hurtado mit beinahe schwäbisch wirkender Bauernschläue aus dem Kuscheln ein Geschäftsmodell gemacht: Er eröffnet dieser Tage das Kuschelhaus.

Dort kann sich, wer gemeinerweise auf Näheentzug gesetzt wurde, professionell bekuscheln lassen. Natürlich – schließlich sprechen wir hier von „God’s Own Country“ – ganz platonisch. Küssen ist verboten, alles Weitere, was auch nur entfernt sexuellen Anschein hat ebenso. Dem Leben mit seiner zunehmenden Digitalisierung möchte er entgegentreten, so Hurtado, an die Stelle von technologischer Entfremdung menschliche Verbindungen zwischen den angeblich in einem langwierigen Verfahren ausgewählten und weitergebildeten Profi-Kuschlern und den Kunden herstellen.

Das klingt zwar alles sehr empathisch, sehr altruistisch und überhaupt total gutmenschlich. Zumindest, bis man auf die Rechnung schaut: 60Dollar kostet eine Stunde Nähe. Dafür bekommt man eine Menge Schokolade.