Zu viele Zigaretten in der Wohnung – Rentner soll ausziehen. Wie private Vergnügungen zu öffentlichen Lastern werden

In dieser Woche malt Til Mette in einem „Stern“-Cartoon sich und uns die Zukunft aus. Ein junger Mann wird von zwei Beamten in seiner Wohnung verhaftet: „Wir haben einen Hinweis vom amerikanischen Department of Science Fiction. Sie werden in zwei Jahren zu einem Sicherheitsrisiko. Bitte kommen Sie mit.“

Dass solche Big-Brother-Gedanken bei der staubsaugermäßigen Überwachung aller Bürger nicht nur eine Utopie von morgen sind, sondern eine Gefahr von heute, macht der Fall eines 74-jährigen Rentners und Witwers schon heute klar. Friedhelm A. wohnt in Düsseldorf, 100 Meter vom legendären Eisstadion Brehmstraße entfernt. Nun soll er aus seiner 42-Quadratmeter-Wohnung ausziehen. Und zwar sofort. Ihm wurde gekündigt. Begründung: weil seine Raucherei das ganze Haus verpeste.

Allerdings raucht und wohnt A. in dieser Wohnung seit 1973, also schon zu den Zeiten, als Rauchen nicht nur dem Altbundeskanzler erlaubt war, sondern allen Menschen. Natürlich erst recht in seinen schützenden vier Wänden. „Die Welt“, die diesen Vorgang aufgespürt hat, hat den Rentner besucht, mit der Nase gründlich recherchiert und außerhalb der Wohnung keinen nikotingeschwängerten Hauch verspürt.

In NRW regiert eine rot-grüne Koalition, und die hat seit ihrer Wiederwahl 2012 ihre Gesundheitspolitik zum Wohle aller und gegen die Raucher gründlich verschärft. Seit dem 1. Mai gilt hier das neue Nichtrauchergesetz. Nicht nur in Kneipen und Restaurants herrscht absolutes Rauchverbot. Es gibt auch den grotesken Fall des Bürgermeisters von Neuss, Napp, der von der Initiative „Pro Rauchfrei“ angezeigt wurde, weil er in seinem Büro rauche. Und das seit 15 Jahren. Die Düsseldorfer Landesregierung wurde angewiesen, das Rauchverbot zu kontrollieren.

Nun mag man sagen, dass es sich hier wenigstens noch um einen Raum handelt, der öffentlichen Funktionen dient. Aber der Rentner A.? Ihm wurde eine Räumungsklage der Vermieterin zugestellt, weil einer Dame, die im Haus eine Firma betreibt, der Rauch angeblich so sehr zusetzt, dass sie sich wohl gesundheitlich bedroht fühlt.

Man kann sich ausrechnen, worin die Vermieterin im neuen Zeitgeist der braven rauchfreien Welt ihre Chance witterte: Sie möchte den Mieter nach 40 Jahren ausräuchern, weil sie dann kräftig die Miete erhöhen kann.

Karasek schreibt jeden Sonnabend im Hamburger Abendblatt