Computer sind zu unsicher – Russlands Agenten müssen wieder tippen. Kreml lässt 20 deutsche Triumph-Adler Twen 180 anschaffen

Staaten haben gern Geheimnisse, und um auch diese ordentlich verwalten zu können, wurden Stufen der Geheimhaltung erfunden. Die DDR etwa kannte VS (Verschlusssache), VVS (vertrauliche Verschlusssache) und GVS (geheime Verschlusssache). Spötter fügten noch VLV für „vor dem Lesen vernichten“ als Gipfel der Diskretion hinzu.

Das klingt in Zeiten der elektronischen Datenübermittlung nach verstaubten Aktenkladden. Aber auch für die, die gern im Verborgenen schaffen, war früher nicht alles schlecht. Der aus dem Schatten getretene US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat der Welt gerade vor Augen geführt, wie unbegrenzt abschöpfbar unsere moderne Kommunikationswelt doch ist. Und so besinnen sich russische Agenten, denen ohnehin ein Hang zu rustikalen Arbeitsmethoden nachgesagt wird, wieder auf vertraute analoge Technik. Zum Schutz streng geheimer Informationen vor Computerspionage setzen sie verstärkt auf die Schreibmaschine. Besonders beliebt bei ihnen sei das deutsche Modell Triumph-Adler Twen 180, meldet die Zeitung „Iswestija“. Der Föderale Schutzdienst (FSO), zuständig für die Sicherheit des Präsidenten und der Regierung, hat 20 Adler-Exemplare bestellt. Auch im Verteidigungs- und im Zivilschutzministerium wird wieder in die Tasten gehauen wie zu Väterchen Stalins Zeiten. Und der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Nikolai Kowaljow, gestand, dass auch die handschriftliche Aufzeichnung geheimer Informationen üblich sei.

Charmante Versuche. Dummerweise hat es aber auch schon lange vor der Erfindung des Computers Geheimnisverrat gegeben. Der einzige 100-prozentige Schutz davor wäre ein Ende der administrativen Geheimniskrämerei. Aber vermutlich gehen die Facharbeiter für staatliche Sicherheit in Moskau, Langley/Virginia oder Pullach im Isartal und deren Dienstherren lieber zurück bis zur Keilschrift, als ihren Bürgern nichts als die reine und vollständige Wahrheit zu erzählen.