Von wegen Nachbarschuft. Umfrage zeigt: Deutsche streiten nicht gerne mit den Leuten nebenan

„Gott sieht alles. Mein Nachbar sieht mehr.“ Diese gepflegte deutsche Erkenntnis ist jetzt überholt. Seit wir durch eine undichte Stelle von einer gewaltigen Daten-Inkontinenz erfahren haben, also dass amerikanische Geheimdienste sogar Dinge über uns wissen, die wir bisher nicht mal gedacht haben, gehen die Deutschen sparsamer mit ihren Wutausbrüchen um. Sie brechen kaum noch einen Streit mit ihren Nachbarn vom Zaun, da sie davon ausgehen, dass dies dem US-Präsidenten Barack O. (Name der Red. bekannt) automatisch zu Ohren kommt und er eingeschnappt wäre, weil er die Deutschen doch so gern haben kann. Bei der Kanzlerin bestand die Gefahr nicht. Sie hatte bis dato angenommen, dass Abhören allein Sache des Arztes ist.

Den Mangel an Streit unter Nachbarn und den Sieg der Nächstenliebe über die nächsten Hiebe belegt eine aktuelle Umfrage im Auftrag des evangelischen Monatsmagazins „chrismon“. Nur 40 Prozent würden nach eigener Einschätzung wegen zu lauter Musik nebenan klingeln und dagegen anbrüllen. Dabei zeigen sich die Jüngeren wesentlich lärmempfindlicher als die über 60-Jährigen. Das Versagen der Akustikindustrie ist hier offenkundig: Zu wenig ältere Menschen besitzen ein Hörgerät.

Es wird auch immer schwieriger, jemanden vor Gericht anzupinkeln. Dieser Fall macht besonders hellhörig: Ein Mieter lauschte seinem Nachbarn beim Befeuchten des Porzellans im WC und fand das Gehörte unerhört. Der Vermieter solle doch bitte schön einen Lärmschutz einbauen. Der Richter stellte sich jedoch taub.

Wenn es um Grillgeruch geht, melden sich die Nasen von Nachbarn selten, den meisten ist das inzwischen wurst. Aber immerhin sieben Prozent hätten den Mut, bei Leuten zu läuten, wenn diese lauten Sex haben. Unklar ist, ob die Hörprobe nur Schlaflosigkeit zur Folge hat oder nicht auch Neid. Der Nachbarschaftsexperte Bernd Stelter meint dazu: „Eine Ehe ist wie ein Restaurantbesuch – man denkt immer, man hat das Beste gewählt, bis man sieht, was der Nachbar bekommt.“