Tatort oder Schwedenkost? Wenn es um Fernsehkrimis geht, ist Deutschland gespalten

Deutschland bleibt ein geteiltes Land. Die Demarkationslinie verläuft nicht irgendwo durch die Landschaft, sondern mitten durch Familien, Kollegenkreise, Stammtische. Es ist das Volk der Krimi-Freunde, das sich in zwei unversöhnliche Lager spaltet: "Tatort"-Traditionalisten und Schweden-Fans.

Dabei tut die ARD beinahe alles, um ihre etwas in die Jahre gekommene Reihe aufzufrischen und nicht noch weiter Kundschaft an die Skandinavier zu verlieren. Eine Provinz-Offensive führt die Ermittler künftig bis nach Weimar. Den Kommissaren werden kaputte Familien, psychische Defekte und schrullige Pathologen verpasst. Auch Prominenz wird bemüht. Demnächst jagt Til Schweiger in Hamburg Verbrecher. Jetzt auch noch dieser Nuschler, maulen die "Tatort"-Verächter. Wenigstens gibt er überhaupt verbale Signale von sich, werfen die Kritiker der Wikinger ein. In Göteborg oder Ystad säßen sich ja schließlich nur beleibte mittelalte Herren schweigend in halb dunklen Büros gegenüber. Bar jeder Mimik und allem, was sonst noch an Schauspielkunst erinnern könnte. In verschneiten Wäldern werden derweil von anderen Psychopathen junge Frauen erst in Verliesen gefangen gehalten und dann grausam umgebracht. Oder Migranten müssen in das Mündungsfeuer von Pumpguns blicken. Dabei führen doch unsere nördlichen Nachbarn im richtigen Leben weltweit jede Statistik in Gewaltfreiheit und Sozialkompetenz an! So ein Krimi ist aber kein Dokumentarfilm, sondern halt Fiktion. Und Geschmackssache.

Die moderne Technik und tendenziell fallende Preise für TV-Geräte verhindern ein Überspringen der Gewalt von der Mattscheibe ins heimische Wohnzimmer. Während sie dort Wallander beim tiefsinnigen und wortkargen Grübeln beobachten kann, mag er im Nebenzimmer auf dem Zweitgerät den "Tatort" verfolgen. Oder Inspektor Barnaby, der in der beschaulichen englischen Provinz den Mordgelüsten in Heimatvereinen und Laientheatergruppen nachspürt. Aber das wäre noch ein ganz anderer Fall ...