Fünftligist BFC Dynamo hat DDR-Oberaufpasser Erich Mielke wiederentdeckt - in einem Werbeslogan

"Genosse Minister, wird denn das Stadion heute auch voll?", fragt ein besorgter Fußballfan Stasi-Chef Erich Mielke. "Mit Sicherheit", antwortet Honeckers Oberaufpasser ebenso gelassen wie zweideutig in dem alten DDR-Witz. Denn er war nicht nur zuversichtlich, dass das Spiel gut besucht würde, er konnte drohende Lücken auf den Tribünen auch jederzeit mit seinen hauptamtlichen Mitarbeitern oder mit Nebenerwerbsspitzeln - im Volksmund "die Sicherheit" genannt - auffüllen.

So einfach ist das heute nicht mehr. Mielkes ehemaliger Lieblingsklub, der Berliner BFC Dynamo, wohl auch dank großzügiger Unterstützung von oben angeleiteter Schiedsrichter zehnmal in Folge DDR-Meister, spielt heute in der fünften Liga. Nach der Wende und ohne Staatshilfe waren schnell die besten Spieler und das Geld weg. Zwischenzeitlich hatte der Verein sogar ein Insolvenzverfahren durchgestanden. Berühmt - oder besser gesagt berüchtigt - ist der Verein heute allenfalls noch für seine schlagfertigen Hooligans. Um die Hütte voll zu kriegen, müssen die Dynamos also nach neuen Wegen suchen. Das gelingt nicht immer stilsicher. Am Sonnabend haben sie im Sportforum Hohenschönhausen das Team von Lichtenberg 47 zu Gast. Deren Sportplatz befindet sich vis-à-vis des ehemaligen Stasi-Hauptquartiers in der Normannenstraße. "Diesen Weg musste schon Erich machen ... Die Normannenstraße kommt ins Sportforum", bewirbt der BFC nun das Spiel gegen Lichtenberg und bebildert das Ganze mit einem grüßenden Offizier auf der Tribüne.

Ist wohl lustig gemeint. Aber der Genosse Mielke sammelte nicht nur die Witze, die über ihn gemacht wurden, sondern auch die Leute, die sie erzählten. Und Berlin ist wohl nicht ganz zu Unrecht die einzige europäische Hauptstadt ohne erstklassigen Fußballverein.