Europäische Richtlinie ordnet an: Deutsche Fernsehsender müssen laute Spots leiser ausstrahlen

Entlang des 38. Breitengrades wurden auf der Koreanischen Halbinsel einst gewaltige Lautsprecherbatterien installiert. Nord und Süd lieferten sich per Schallwellen einen erbitterten Propagandakrieg. Der eine wollte natürlich lauter sein als der andere. Vor acht Jahren haben die Kontrahenten die Sinnlosigkeit dieses Tuns eingesehen und die Boxen ausgeschaltet.

Die Werbewirtschaft hinkt den fernöstlichen kalten Kriegern weit hinterher. Erst an diesem Freitag, pünktlich zu Beginn der Internationalen Funkausstellung in Berlin, soll es zum Waffenstillstand im "Loudness War" kommen. So nennen Experten den Krieg um Aufmerksamkeit in hiesigen TV-Stationen. Und Aufmerksamkeit wurde da hauptsächlich mit Lautstärke gleichgesetzt. Wer die Fernbedienung als Abwehrwaffe nicht griffbereit hatte, wurde in Werbepausen mitunter brutal aus der Besinnlichkeit gerissen - oder unsanft geweckt, wenn der Film doch nicht das gehalten hat, was seine Werbung versprach. Mindestens genervt vom Ansteigen des Lärmpegels war so ziemlich jeder.

Und das wiederum dürfte nun öffentlich-rechtliche und private Sender, Werbeagenturen und Vermarkter zum Waffenstillstand und zur Einigung auf eine "Lautheitsnormierung" bewogen haben. Eine Richtlinie der Europäischen Rundfunkunion (EBU) sieht vor, dass künftig bei Tonmischungen im Fernsehen nicht mehr der absolute Spitzenpegel in Dezibel entscheidend ist, sondern ein durchschnittlicher Lautheitswert, der in Loudness Units (LU) gemessen wird. Dabei ist Abrüstung gefragt, vor allem, was das sogenannte Kompressorverfahren betrifft, mit dem Tonsignale zusammengestaucht werden, wodurch der Unterschied zwischen laut und leise geringer wird. Das zusammengestauchte Signal wirkt präsenter und vor allem lauter.

Vermutlich kommen die Propaganda-Botschaften von Werbern und Produzenten dann sogar noch besser beim Kunden an. Denn wer schreit, hat ja bekanntlich Unrecht - und wer Unrecht hat, dem kauft man nichts ab.