... sind wir im Alltag von Alkohol umzingelt. Doch Vorsicht mit dem “Geschenk der Götter“

Der Islam kennt die segensreiche Einrichtung des Ramadan. Einen Monat im Jahr - er geht jetzt gerade zu Ende - wird tagsüber nicht gegessen und getrunken. Das läutert den Körper und schärft die Sinne. Christen kannten sogar zwei Fastenzeiten: vor Weihnachten und vor Ostern. Die adventliche ist ganz in Vergessenheit geraten. Und die im Vorfrühling wird, wenn überhaupt, auf Sparflamme angegangen. Nach dem Motto: Ich verzichte mal sieben Wochen auf Schokolade. Oder Alkohol.

Aber besser Sparflamme als gar nicht. Und man muss sich beim Verzicht - etwa auf das lieb gewonnene Glas Wein zum Feierabend - nicht an religiöse Fristen halten. Die kleine Abstinenz zwischendurch kann auch Erkenntnisse zutage fördern. Etwa die, dass wir nüchtern betrachtet in unserem Alltag von Alkohol nur so umzingelt sind: fröhliche Zecher in Fußgängerzonen, Kioske, meterlange Supermarktregale, Werbung ... Und in fastjedem Film werden Flaschen entkorkt, Bierchen gezischt oder wie in der Fernseh-Kultserie "Mad Men" stilvoll Whiskygläser in tabakgeschwängerter Luft geleert. In den USA ist sie wahrscheinlich gerade deshalb so populär, weil dort kaum noch geraucht und in der Öffentlichkeit gar nicht getrunken werden darf. Selbst unsere Spitzensportler legen ordentlich vor. Vor allem den Hockeyspielern wird nicht nur ein Zug zum Tor nachgesagt. Die anderen Athleten finden auf ihrer fröhlichen Dampferfahrt nach Hause dieselben Gründe wie alle anderen Zeitgenossen auch:Erfolg, Misserfolg, Gruppenzwang.

Nur ist bei ihnen der Griff zum Glas die Ausnahme. Im Rest des Jahres wird trainiert. Bei Otto Normalverbraucher ist die Relation oft umgekehrt. Vinum bonum deorum donum - ein guter Wein ist ein Geschenk der Götter, wussten aber schon die alten Römer. Mit Geschenken soll man sorgsam umgehen, bei ihrem Gebrauch ist weniger oft mehr. Das erste Glas nach der Pause bietet auch viel mehr Genuss als das letzte, gewohnheitsmäßig hinuntergestürzte davor. Und wer es ganz lässt, stirbt am Ende sogar gesünder.