Der Pappbecher verdrängt die Thermoskanne - und was kommt dann? Eine Kaffeesatzleserei

Kennen Sie noch den Käseigel? Die Fototapete oder den Rechenschieber? Wenn Sie jetzt dreimal genickt haben, müssen Sie über 45 Jahre alt sein. Und auch die gute alte Thermoskanne, der treue Begleiter im Stau und auf dem Bau, der treue Begleiter für kurze Ausflüge und lange Nächte, kommt aus der Mode. Die Aral-Kaffee-Studie - schon spannend, wohin Mineralölmillionen so fließen - bringt es an den Tag: Jeder dritte Deutsche über 45 schwört auf die Dienste der Thermoskanne, bei den 18- bis 35-Jährigen ist es nicht einmal mehr jeder Fünfte.

Wer einmal durch das Grindelviertel geschlendert ist, wird die Antwort auch ohne Studie erahnen: Der junge Mensch trägt den Kaffee im Pappbecher immer am Mann, teilweise scheint er gar mit der Hand verwachsen. 21 Prozent greifen regelmäßig unterwegs zu tragbaren Kaffeemilchmixgetränken, 59 Prozent zumindest gelegentlich. Bei den älteren sind es nur sieben Prozent. Vermutlich übersetzen sie einen "Coffee to go" noch mit Kaffee zum Weglaufen oder Kaffee auf die Hand - was man ja auch nicht haben möchte. Oder sie fragen sich in Kenntnis der Grundrechenarten, warum dünner Kaffee aufgeschäumt mit H-Milch eigentlich über 3 Euro kosten muss.

Ein Riss geht durch die Gesellschaft - und die Thermoskanne und das Tässchen Kaffee drohen darin zu versinken. Was wird aus Kaffeeküchen und Kaffeeklatsch? Wer stirbt zuerst aus - das Kaffeehaus oder der dort räsonierende -literat? Wird Letzterer bald mit Kaffeetanten auf langen Fluren in Arbeitsagenturen in seinen Coffee to go weinen? Wie hoch sind die gesellschaftlichen Folgekosten? Stirbt mit der Kondensmilch, die auch kaum mehr benötigt wird, die Bärenmarke? Und wie viele Wälder fallen, um die Milliarden von Pappbechern zu produzieren? Schwer zu sagen, denn dummerweise sterben Kaffeesatzleser ebenfalls aus.

Immerhin hat die Entwicklung auch ihr Gutes: "Draußen nur Kännchen" wird es nicht länger geben - zumindest bis zur Erfindung des hippen Pappkännchens.