... den bestrafen die Jahresrückblicke. Dort fällt der Dezember fast immer aus. Ehrenrettung eines Monats

Der Dezember ist ein starker Monat. 31 Tage, 744 Stunden, 2 678 400 Sekunden. Und was für einer! Der Monat der Sonnenwende. Ein Monat, den nicht nur Kinder lieben - wegen der lichtstarken Adventszeit, der weihnachtlich geschmückten Wohnstuben und der vagen Aussicht auf Schlittenfahrten, berieselt vom süßen Klang der Glocken.

Aber leider ist der ursprünglich "zehnte" Monat (decem) seit mehr als 2000 Jahren auch der letzte.

Denn geht es nach den Jahresrückblicken, die diesmal gefühlt schon im November begannen, findet der Dezember gar nicht mehr statt. In der Rückschau ist alles schon gelaufen, hat das Jahr, scheint es, nur elf Monate. Und zu allem Überfluss klaut das pazifische Eiland Samoa diesem Dezember noch einen ganzen Tag, weil die Insulaner als Erste das neue Jahr begrüßen wollen. Das hat der Dezember nicht verdient.

"Nichts schreibt sich leichter voll als ein Kalender", wusste Goethe. Die Weihnachtsansprachen wird er nicht gemeint haben. Aber in diesem Dezember verließ Rauschgoldengel Thomas Gottschalk die Wettbühne, fauchte der russische Bär nach faulen Wahlen, verließ Christian Lindner die FDP-Boygroup, wurde der "Stresstest" zum Wort des Jahres gekürt, würdigten wir Verblichene wie Vaclav Havel, Johannes Heesters und Werner Otto.

Hätten schon unsere Vorfahren vor der Mattscheibe sitzen können, wären ihnen entscheidende Nachrichten vorenthalten worden. Mal ganz abgesehen von der Heiligen Nacht in Bethlehem: kein Wort über Entdeckungen Galileis (1612) und Röntgens (1895), die Krönung Karls des Großen (800) oder Napoleons (1804), die Uraufführung von "König Lear" (1606), Beethovens Fünfter (1808) und "Aida" (1871), die Ankunft der "Mayflower" in Nordamerika (1620) und von Roald Amundsen am Südpol (1911), den ersten deutschen Daviscup-Sieg (1988). Alles im Dezember!

Und außerdem verrät uns dieser wunderbare Monat, wie es weitergeht: "Wenn dunkel der Dezember war, dann rechne auf ein gutes Jahr."