Steht ein Laufvogel auf der Autobahn. Nach Kuh Yvonne starten jetzt die Exoten durch.

Was will man schon mit einem Pferd auf dem Flur, wenn man einen Nandu auf der Autobahn haben kann? Ein wenig Exotik kann in der Vorweihnachtszeit nicht schaden. Zu Hause wird das Krippen-Kamel entstaubt, und draußen probt der südamerikanische Laufvogel bei fast karibischen Temperaturen, welche Geschwindigkeitsbegrenzungen im Raum Uelzen gelten.

Umgehend wurde gestern Morgen die Verkehrswarnung im Radio durchgegeben (zu dumm nur, dass Nandus so selten Radio hören). Und während die eine oder andere Hausfrau schon über einen XXL-Weihnachtsbraten sinnierte - selbst erlegt! -, spekulierten Fahrer der Marke röhrender Hirsch, wer den Tiefflug gewinnen würde. Dass das graue Fusselgefieder des Vogels zu wenig mehr taugt als für Staubwedel oder verstaubte Federboas, sei einmal dahingestellt.

Kommt nach der Landflucht unserer Hofbewohner wie Kuh Yvonne und Schaf Kurt jetzt der große Ausbruch der wilden Tiere? Oder, besser gesagt: der eingebürgerten? Denn auch wenn diese Woche bereits mit einem Mandrill ein farbenfroher Affe der zentralafrikanischen Regenwälder durch Stellingens Straßenbäume turnte, muss wahrheitshalber gesagt werden, dass das Weibchen im nahen Tierpark der wilde Affe biss. Und sie eine Hamburger Deern ist.

Auch die Nandus sind mittlerweile "Nordish by nature": Im Jahr 2000 waren drei Paare ihrem Halter bei Lübeck entkommen und hatten sich kurzerhand in der norddeutschen Flachebene so gut etabliert, dass eine Zählung vergangenen Monat stolze 97 Exemplare ergab. Eijeijei! Biologen sprechen von den bis zu 60 km/h schnellen Vögeln mit der Handpuppen-Mimik (langer Hals, breite Schnauze) als Neozoen, tierischen Neubürgern in Wald und Flur.

Die Spatzen pfeifen nun von den Dächern, dass die Bundesregierung für diese jetzt einen Einbürgerungstest plant. Deshalb machte wohl der erste Nandu sicherheitshalber die Flatter.