Vom kuriosesten Buchtitel des Jahres und der uralten Ratlosigkeit des Mannes

"Die große Frage, die ich trotz meines 30-jährigen Studiums der weiblichen Seele nicht zu beantworten vermag, lautet: Was will eine Frau eigentlich?" Dieser Stoßseufzer Sigmund Freuds, des Vaters der Psychoanalyse, fasst das zentrale Menschheitsproblem in knappe Worte. Nennenswerte Fortschritte bei seiner Enträtselung in den 82 Jahren seit Freud? Keine.

Die flächendeckende Ratlosigkeit bringt naturgemäß unzählige Ratgeber-Bücher hervor, von denen die meisten männlichem Simplifizierungswahn entspringen. Sie setzen "verstehen" mit "verführen" gleich und teilen Frauen in unterschiedliche Typen ein, denen dann für Männer leicht fassliche Kommunikations- und Verhaltensrezepte zugeordnet werden.

Die von platter Anmache, testosteronprallen Ego-Shootern und technikfixierten Smartphone-Junkies genervten Frauen haben in ihrer Verzweiflung wirklich alles versucht. Die Frauenbewegung gegründet und überstanden, die Geburtenrate auf Talfahrt geschickt wie sonst nur die Männer den DAX. Sie haben Alice Schwarzer erfunden und nun - ausgefuchster Schachzug eines seit Evas Apfeltrick überlegenen Geschlechts - die Autorin Angela Troni damit beauftragt, es den Männern noch mal zu erklären. Ein allerletztes Mal. Anders kann Tronis Buch nicht entstanden sein. Es heißt "Frauen verstehen in 60 Minuten", denn Frau will von Mann endlich verstanden werden. Und zwar nicht "am Ende des Tages", sondern in absehbarer Zeit - wenn's geht, noch in diesem Leben.

Eine fachkundige und kluge Jury, zwei Männer, eine Frau, hat diesem Buch nun die verdiente Krone zuerkannt. Nicht "Bester Ratgeber des Jahres", sondern "Kuriosester Buchtitel 2011" - zu durchsichtig ist das uneinlösbare Harmonieversprechen des Titels.

Der Verlag freut sich sicher über die Ehrung und denkt wahrscheinlich schon über Folgebände nach. Hoher Favorit: "Männer verstehen ...". Nur über die Zeit, die man braucht, um zur perfekten Männerversteherin zu werden, wird noch gestritten. "... in 1,5 Sekunden", sagt der ins Auge gefasste Autor missmutig, das möge zwar stimmen, klinge aber doch irgendwie popelig.