Freudscher Versprecher - oder was Kanzleramtsminister Ronald Pofalla seinem Parteifreund Wolfgang Bosbach eigentlich sagen wollte

Heute möchte ich aus gegebenem Anlass und gutem Grund erklären, was ein freudscher Versprecher ist, ein "Freudian slip" wie unsere angelsächsischen Freunde sagen. Also etwas drückt und presst uns so, dass wir es nicht auszusprechen wagen, aber dann drängt es sich doch ans Tageslicht. "Trauring, aber wahr", zitiert Freud in seiner Witztheorie einen frisch verheirateten Mann.

Dazu eine (englische) Geschichte: In einem Pub sitzen eine Handvoll Freunde nach der Arbeit beim Bier, bevor sie den Weg nach Hause in die Ehe und Familie suchen. Einer will für alle fünf am Tresen Fritten bestellen und kommt zu seinen Stammtischbrüdern zurück. Verstört! "Stellt euch vor", sagt er zu seinen Kumpeln, "als ich die Fritten bestellte, sah ich die Kellnerin, mit soooo 'nem Busen." Er streckt den Arm zur Demonstration weit nach vorn. "Und da höre ich mich zu meinem Entsetzen sagen: 'Ich möchte fünf Portionen T..., ja Titten.'" Darauf tröstet ihn ein Freund: "Eine typische freudsche Fehlleistung. Ist mir neulich beim Frühstück auch passiert. Ich will zu meiner Frau sagen: 'Liebling, kannst du so lieb sein und mir die Margarine rüberreichen?' Zu meinem Entsetzen höre ich mich aber sagen: 'Du fette alte Schlampe, du hast mein Leben ruiniert!' Typisch freudscher Versprecher!" Frauenfeindlich? Das geht auch umgekehrt. Sagt eine Freundin zur anderen: "Viele Frauen finden ihren Po zu dünn, andere ihren Hintern zu dick. Aber ich finde meinen Arsch genau richtig. Sonst hätte ich ihn ja nicht geheiratet."

Heute heißt die freudsche Fehlleistung Tourette-Syndrom, zwanghaftes Ferkeln mit Worten. Schon Mozart befreite sich in den "Bäsle-Briefen" vom Sauigeln. Nach dem Vorbild von Milos Formans "Amadeus" haben viele Filme heute Tourette-Helden. Wir sind bei Pofalla, beim Kanzleramtsminister. Ihm ging der Parteifreund Wolfgang Bosbach so auf die Nerven, ja sozusagen fast auf den Sack, weil er nicht für den Griechenland-Schirm stimmen wollte. Gewissen und so, man kennt das. Und Pofalla wollte zu ihm sagen: "Ich verstehe, dass du eine abweichende Meinung hast. Ich bin Demokrat und billige das auch. Fraktionszwang hin, Parteidisziplin her!"

Stattdessen sagt er, typisch Freud, typisch Tourette-Syndrom: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen, du redest nur Scheiße!" Er hat sich entschuldigt. Er hat gesagt, er habe zu Bosbach eigentlich sagen wollen: "Kannst du mir freundlicherweise die Margarine reichen, lieber Parteifreund?" Dazu eine Regel aus dem Politiker-Knigge: Sch... sagt man nicht, Sch... schreibt man nicht. Scheiße denkt man nur. Und zu Po-falla fällt mir ein, wie wir als Kinder im-po-sant steigerten: im Po Sand, im Hintern Kalk, im Arsch Zement.