Chemnitz renoviert die Monumentalbüste des großen Kommunisten - eine Investition in die Zukunft

In Chemnitz wird er erarbeitet, in Leipzig gehandelt und in Dresden verprasst, lautet von alters her der sächsische Wohlstandsdreiklang. Was schon darauf hindeutet, dass mit dem "sächsischen Manchester", wie die Wiege des deutschen Maschinenbaus einst hieß, selten pfleglich umgegangen wurde. Im Krieg wurde die Stadt zerstört. Was die Bomben nicht schafften, erledigten sozialistische Städteplaner.

1953 büßte sie sogar ihren Namen ein und hieß nach dem Willen der DDR-Oberen Karl-Marx-Stadt. Dabei war der kommunistische Theoretiker zeitlebens nicht einmal in die Nähe von Chemnitz gekommen und hat mit seinem Freund und Finanzier Friedrich Engels lieber die Lage der arbeitenden Klasse im Original-Manchester untersucht. Quasi als Kollateralschaden der Umbenennung bekam die Stadt auch noch eine Karl-Marx-Büste des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel verpasst. Ein Sieben-Meter-Bronzekopf, mit Sockel fast doppelt so hoch, 40 Tonnen schwer und neben der Sphinx in Ägypten die größte Kopfplastik der Welt.

Das wahrhaft pharaonische Kunstwerk wurde im Volksmund despektierlich der "Nischl" (sächsisch für Kopf) genannt, die nunmehr in Karl-Marx-Straße umgetaufte Brückenstraße schlicht "Schädelgasse". Mit der Wende zog auch in Sachsen die Marktwirtschaft wieder ein, Chemnitz bekam 1990 seinen alten Namen zurück, aus der innerstädtischen Brache wurde im Laufe der vergangenen 20 Jahre ein modernes Zentrum. Und ihren "Nischl" haben die Einwohner mittlerweile richtig lieb gewonnen.

Damit Marx aber der Kommune auch weiterhin als Touristenattraktion ein wenig Kapital in die Kassen spülen kann, bedarf er dringend der Renovierung. Nicht nur, weil der finster dreinblickende Bronzekopf am Sonntag 40 wird, sondern vor allem, weil bei seiner Errichtung typisch sozialistisch geschlampt wurde: keine Entwässerung im Unterbau, die Abdichtung mangelhaft, kein Ringanker, eine neue Verkleidung dringend erforderlich; das Ganze so brüchig wie die kommunistische Weltanschauung. Kosten: 95 000 Euro - aber womöglich die erste Investition in Marx, die sich amortisiert.