Vom falschen Max Ernst und dem echten Beltracchi. Kunstfälscher gehen harten Zeiten entgegen

Wenn eine Liebesbeziehung zu Bruch geht und man sich gar nicht erklären kann, woran das wohl liegen mag, dann flüchtet man sich zu einer quasi naturwissenschaftlichen Erklärung: Man sagt, achselzuckend, offenbar habe die Chemie nicht gestimmt.

Inzwischen hat sich die Chemie so weit entwickelt, dass man mittels DNA herausfinden kann, mit wem Gletschermensch Ötzi verwandt war. Auch Kujau, der Fälscher der Hitler-Tagebücher, wurde nur dadurch überführt, dass er auf falschem Papier schrieb.

Zurzeit steht im erfolgreichsten Fälschungsskandal der Nachkriegsgeschichte Wolfgang Beltracchi vor Gericht. Geboren als schlichter Wolfgang Fischer in Geilenkirchen (der Ort ist keine Fälschung), hat er aus Liebe zu seiner Frau, einer echten Beltracchi, Kunstfälschungen für 16 Millionen Euro begangen, um sich und ihr und ihrer Familie ein Dolce Vita zu ermöglichen. Jetzt, da der immer noch blond gelockte Künstler mit Van-Dyck-Spitzbart vor Gericht steht, fliegen dem "Filou" alle Herzen zu. Auf dem Schlachtfeld um ihn herum stöhnen die Opfer. Dem Auktionshaus Lempertz etwa hat der Maler ein Bild von Campendonk, "Rotes Bild mit Pferden", als echt verhökert, dem, Ironie der Farbenlehre, nicht das Rot, sondern das Titanweiß zum Verhängnis wurde. Als schwer lädiert steht auch der Max-Ernst-Kenner par excellence, Werner Spies, da, der sieben von Beltracchi gefälschte Max-Ernst-Bilder weitervermittelt hat. Alle millionenteuer, alle per Farbanalyse überführt.

Die Technik zerstört jede Fälscher-Romantik. Großartig geschriebene Doktorarbeiten werden mittels Computer-Suchfunktionen entlarvt, und Kunstsachverständigen macht man einfach ein Titanweiß für ein Rot vor, um sie als farbenblind zu entlarven.

Das Publikum liebt aber die in Kunst- und Frauenliebe entflammten Künstler, vor allem, wenn sie wie Beltracchi so lange Locken wie Dürer tragen. Hildesheimers ironischer Fälscherroman "Das Paradies der falschen Vögel", der größere Sympathien für den Nach-Maler als für die Gelackmeierten aufbrachte, spielt noch in der glücklichen Zeit vor dem Lackmus-Test.