42 Millionen Deutsche können nicht irren. Kontrolliert auf Fleisch verzichten ist ja so was von gebildet.

"Tofu ist jung, weiblich und gebildet" - schreibt der Vegetarierbund auf seiner Internetseite. Laut einer Umfrage kennen 84 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Tofu; Frauen sind zu 81 Prozent mit Tofu vertraut. (Für alle anderen: Bei Tofu handelt es sich um ein fleischfreies Sojaprodukt - kein wirklicher Augenschmeichler -, von dem Fans behaupten, es schmecke wie Fleisch, und Gegner denken, dass die Fans nie gutes Fleisch gegessen hätten.)

Wer nicht ganz doof ist, weiß ohnehin, dass er sich ausgewogen ernähren muss, damit er gesund bleibt, alt wird und die Evolution ein wenig voranbringt. Aber was ist mit den anderen - was ist mit den Fleischessern? Macht Fleisch dumm oder männlich? Klafft ein Abgrund zwischen den Tofis und den Doofis? Kann man Unwissende erkennen? Sind Männer, die kein Tofu essen, automatisch Fleischesser? Sind die gefährlich? Essen Blondinen Tofu, und wenn ja, kennen sie es auch?

Damit der Leistungsabfall und alle weiteren Unterschiede zwischen Mann und Frau nicht noch größer werden, haben die Deutschen sich in den vergangenen Jahren vermutlich in einem enormen geistigen und vielleicht körperlichen Kraftakt aufgerafft, doch etwas für ihre Bildung und ein Gemeinschaftsgefühl zu tun: Sie essen weniger Fleisch. Ganz bewusst, das ist auch eine Neuerung. Früher hat man es einfach so gehalten, weil Fleisch teuer war. Heute steckt dahinter gebildete Absicht. Und der Druck der Massen, der Wunsch dazuzugehören. Denn wer an mindestens drei Tagen auf Fleisch verzichtet, darf sich Flexitarier nennen. He du, bist du auch ein Flexi? Das zieht an. Gerade gab der Vegetarierbund hocherfreut eine Zahl bekannt: 42 Millionen Deutsche sind schon Flexitarier. Eine Hürde gibt es jedoch: Fleischverzicht darf nicht einfach geschehen, er braucht durchdachte Gründe - seien es gesundheitliche oder umwelt- und ressourcenfreundliche. Denken hilft beim Bilden, denkt vielleicht, wer Tofu nicht mag.

Der Vegetarierbund freut sich also, und wir würden uns mitfreuen, wenn wir nur wüssten, was das alles soll.